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Protein auf Tumorzellen fördert Immunreaktion gegen Krebs

Nr. 45 | 13.09.2023 | von Koh

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) identifizieren eine neue und überraschende Funktion eines Membranproteins auf der Oberfläche von Krebszellen: Es unterstützt und stabilisiert einen wichtigen „ko-stimulatorischen" Faktor, der die Aktivierung von T-Zellen verstärkt, und verbessert so die Immunantwort gegen den Tumor. Die Studie wurde zusammen mit Wissenschaftlern vom Netherlands Cancer Institute durchgeführt.

© Adobe Stock

Viele Krebsarten lassen sich heute erfolgreich mit so genannten Immun-Checkpoint Inhibitoren (ICI) behandeln, die oftmals verkürzt einfach als Immuntherapie bezeichnet werden. Die Blockade von hemmenden Immun-Checkpoints wie z.B. PD-L1 bildet die Grundlage dieser Behandlungsform. Doch mangelt es gleichzeitig an stimulierenden Signalen, so können die Therapien wirkungslos bleiben. Das gilt als einer der Gründe dafür, dass viele Krebspatienten nicht von Immun-Checkpoint Inhibitoren profitieren.

T-Zellen sind die Hauptakteure bei der Immunabwehr von Tumoren. Ihre Aktivierung wird durch eine Vielzahl an hemmenden und auch stimulierenden Immun-Checkpoints streng kontrolliert. Tumorzellen sabotieren dieses System häufig, indem sie die Expression der Checkpoint-Proteine manipulieren und so der Zerstörung durch das Immunsystem entgehen.

Zu den aktivitätsfördernden ko-stimulatorischen Proteinen zählt CD58. Bindet es an seinen Rezeptor auf einer Immunzelle, so erhält diese ein stimulierendes Signal. Wird die Bindung von CD58 an den Rezeptor dagegen blockiert, so ist die Immunantwort gegen viele Krebsarten beeinträchtigt. „Es ist erstaunlich, dass viele Krebszellen von Natur aus CD58 exprimieren, ein Molekül, das im Grunde ihrem eigenen Überleben entgegensteht, wenn sie vom Immunsystem angegriffen werden. Wir wollten daher verstehen, wie die Expression von CD58 gesteuert wird", sagt Chong Sun, Immunologe am DKFZ.

Das Team um Sun fand mit seiner aktuellen Studie heraus, dass das Membranprotein CMTM6 mit CD58 wechselwirkt und dessen Expression positiv reguliert. Das überraschende daran: CMTM6 interagiert auch mit PD-L1, dem wichtigen hemmenden Immun-Checkpoint-Molekül, gegen das die meisten heutigen ICI-Therapien gerichtet sind. CMTM6 schützt PD-L1 vor Abbau und stabilisiert über diesen Mechanismus auch CD58. Die Forscher sehen darin eine Art „Fine Tuning" der Immunantwort.

Brachten die Wissenschaftler T-Zellen und Tumorzellen in der Kulturschale zusammen, so zeigte sich, dass CMTM6-Verlust der Tumorzellen die Aktivierung von T-Zellen beeinträchtigt und auch die Reaktion auf eine PD-L1 Blockade beeinflusst.

„Es ist faszinierend, dass CMTM6 mit CD58 und PD-L1 zwei wichtige Akteure des Immunsystems kontrolliert, obwohl sie entgegengesetzte Funktionen haben. Und was noch interessanter ist: Wenn wir die Tumorproben von Patienten analysieren, die ICI-Therapien erhalten haben, scheint CD58 in den meisten Fällen die führende Rolle bei der Gestaltung der Immunreaktion zu spielen", erklärt Beiping Miao, einer der Erstautoren der Arbeit.

An Mäusen, denen menschliche Leukämiezellen übertragen worden waren, wies das Team nach, dass Verlust von CMTM6 die Krebszellen vor einer CAR-T-Zelltherapie schützt. Bei menschlichen Krebszellen aus Tumorbiopsien korreliert eine höhere Expression von CMTM6 oder CD58 signifikant mit einem besseren Ansprechen auf Immuntherapien.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der CMTM6- und CD58-Expression der Krebszellen für den Ausgang einer Immunreaktion gegen Tumoren. Als nächstes werden wir in Laborexperimenten erproben, ob wir die Expression dieser Moleküle beeinflussen und damit möglicherweise die Krebs-Immuntherapie verbessern können", sagt Studienleiter Chong Sun.

Beiping Miao, Zhaoqing Hu, Riccardo Mezzadra, Lotte Hoeijmakers, Astrid Fauster, Shangce Du, Zhi Yang, Melanie Sator-Schmitt, Helena Engel, Xueshen Li, Caroline Broderick, Guangzhi Jin, Raquel Gomez-Eerland, Lisette Rozeman, Lei Xin, Hitoshi Matsuo, Chen Yang, Ingrid Hofland, Dennis Peters, Annegien Broeks, Elke Laport, Annika Fitz, Xiyue Zhao, Mohamed A. A. Mahmou, Xiujian Ma, Sandrine Sander, Hai-kun Liu, Guoliang Cui, Yu Gan, Wie Wu, Yanling Xiao, Albert J. R. Heck, Wenxian Guan, Scott W. Lowe, Hugo M. Horlings, Cun Wang, Thijn R. Brummelkamp, Christian U. Blank, Ton N. M. Schumacher, Chong Sun:
CMTM6 shapes antitumor T cell response through modulating protein expression of CD58 and PD-L1
Cancer Cell 2023, https://doi.org/10.1016/j.ccell.2023.08.008

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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