Abteilung Pädiatrische Gliomforschung
Dr. David T.W. Jones
Jeder zweite Tumor des Zentralnervensystems im Kindes- und Jugendalter (0-19 Jahre) ist ein Gliom, somit sind die Gliome die häufigste Form der kindlichen Hirntumore. Grundsätzlich werden zwei Kategorien unterschieden: niedriggradige und hochgradige Gliome.
Die niedriggradigen Gliome sind eine histologisch und biologisch sehr vielfältige Sammlung von Tumorentitäten, denen in den meisten Fällen eine genetische Veränderung im mitogen-activated protein kinase (MAPK) Signalweg gemeinsam ist. Aufgrund der hohen Überlebensraten werden sie im Allgemeinen als gutartige Tumoren angesehen. Bedingt durch die Therapien und den Tumor selbst geht die hohe Überlebensrate jedoch häufig auf Kosten der Lebensqualität. Zahlreiche Rückfälle über viele Jahre hinweg sind nicht selten und stellen eine große Belastung für die Patienten und ihre Familien dar. Durch unsere Arbeit möchten wir mehr über den biologischen Hintergrund und das ungewöhnliche Wachstumsverhalten dieser Tumoren lernen mit dem Ziel, neue Therapiemöglichkeiten zu identifizieren, die auf die Biologie der jeweiligen Tumoren zugeschnitten sind und dadurch möglicherweise weniger Nebenwirkungen mit sich bringen.
Im Gegensatz dazu haben die hochgradigen Gliome eine ausgesprochen schlechte Prognose. Diese hoch aggressiven Tumoren, meistens Glioblastome oder diffus intrinsische Ponsgliome (DIPG), zeigen typischerweise eine deutlich höhere genomische Instabilität als nieddriggradige Läsionen. Die kombinierte Störung zahlreicher zellulärer Prozesse und Signalwege bewirkt eine rasche Teilungsrate der Tumorzellen, die das umliegende Hirngewebe diffus infiltrieren. Das hat in aller Regel den Tod des Patienten zufolge. Unser wissenschaftliches Ziel in diesem Bereich ist es, die Tumorheterogenität sowohl innerhalb ein und desselben Tumors als auch zwischen verschiedenen Individuen zu verstehen und dadurch die entscheidenden Veränderungen in der Zellmaschinerie zu erkennen. Wir versuchen dann, diese mit Hilfe von verschiedenen Tumormodellen nachzustellen, um herauszufinden, welchen Beitrag sie jeweils dazu leisten, aus einer Zelle eine Tumorzelle zu machen. Weiterhin werden wir die Modelle nutzen, um neue zielgerichtete Therapien sinnvoll zu testen.
Die gesamte Laborarbeit basiert auf der Anwendung neuester und innovativster genomischer (next-generation DNA/RNA sequencing), epigenetischer (DNA methylation, ChIPseq) und funktioneller (CRISPR/Cas9, somatic gene transfer models) Technologien, um unser biologisches Verständnis pädiatrischer Hirntumoren zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Fokus unserer Gruppe liegt auf der Translation der Forschungsergebnisse in die klinische Anwendung zum Wohle der Patienten. Wir sind daher federführend an zwei großen internationalen Programmen zur molekularen Diagnostik beteiligt: an der INFORM-Studie, die nach molekularen Veränderungen in den Tumoren von pädiatrischen Hochrisikopatienten sucht, die sich als Angriffspunkt für eine zielgerichtete Therapie eignen, und an der MNP2-Studie, die den Wert einer molekularen Diagnostik als Werkzeug zur akkuraten Klassifikation von Hirntumoren prüft.
Mehr Informationen über das Zentrum für pädiatrische Neuroonkologie in Heidelberg finden Sie hier.