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Neue Sicht auf Protein-RNA Netzwerke

Nr. 65c | 06.12.2018 | von Koh

Um ihre lebenswichtigen Aufgaben zu erfüllen, benötigen alle RNA-Moleküle in unseren Zellen Proteine als Bindungspartner. Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Kollegen vom Europäischen Labor für Molekularbiologie (EMBL) haben erstmals eine Methode entwickelt, mit der sie die Zusammensetzung des gesamten RNA-Protein Netzwerks der Zelle analysieren können. Die neue Methode wurde nun in der Fachzeitschrift „Cell" publiziert.

In jeder Zelle ist ein gigantisches Netzwerk von interagierenden RNAs und Proteinen aktiv.
© Fotolia

RNA Moleküle erfüllen lebenswichtige Aufgaben in jeder Zelle: Boten RNA (mRNA) hilft dabei, die im Erbgut gespeicherte genetische Information in Proteine zu übersetzen. Darüber hinaus existieren viele andere Klassen von RNA Molekülen, die nicht in Proteine übersetzt werden. Tatsächlich sind nur fünf Prozent der RNA in einer menschlichen Zelle mRNA.

Für viele ihrer Funktionen müssen RNA-Moleküle mit Proteinen interagieren. In einigen Fällen kommen verschiedene Klassen von RNA zusammen, um zusammen mit bestimmten Proteinen eine hochkomplexe, molekulare Maschine zu formen. Das beste Beispiel hierfür sind die Ribosomen, in denen Proteinsynthese stattfindet.

„In jeder einzelnen unserer Zellen ist ein gigantisches Netzwerk von interagierenden RNAs und Proteinen aktiv. Doch über die Zusammensetzung dieses Netzwerks wissen wir immer noch extrem wenig. Wir wollen verstehen, welche Proteine RNAs binden, wie sich die Bindungen zwischen Zelltypen unterscheiden und wie sie sich unter Zell-Stress verändern. Dazu haben wir eine Methode entwickelt, die es uns nun erstmals erlaubt, das zu untersuchen", sagt Jeroen Krijgsveld vom DKFZ.

Bisher konnten solche Untersuchungen einzig und allein an den mRNAs durchgeführt werden, den Vorlagen für die Sequenz der Proteine. Die Interaktion von Proteinen mit allen anderen, sogenannten nicht-kodierenden RNA-Klassen, von denen einige erst seit wenigen Jahren bekannt sind, konnte mit der bestehenden Methode nicht detektiert werden. „Nicht-kodierende RNAs kommen mit Abstand häufiger vor als mRNA Moleküle und erfüllen eine Vielzahl von regulierenden Aufgaben", erklärt Krijgsveld.

Zusammen mit Kollegen vom EMBL haben Krijgsveld und Kollegen nun mit dem XRNAX genannten Verfahren eine Methode entwickelt, mit der sich die Interaktionen aller Klassen von RNA mit zellulären Proteinen analysieren lassen. Mithilfe von XRNAX können die Wissenschaftler zudem quantitative Aussagen treffen, d.h. sie können nicht nur erkennen, welches Protein RNA bindet, sondern auch wieviel davon. Dadurch waren sie in der Lage zu beobachten wie sich die RNA-Bindung verändert, wenn Zellen einem Giftstoff ausgesetzt werden. Zusätzlich gelang es den Forschern mit Hilfe der neuen Methode, hunderte von Proteinen zu identifizieren, von denen vorher nicht bekannt war, dass sie überhaupt RNA binden.

„Mit XRNAX können wir alle Interaktionen zwischen Proteinen und RNA messen, was bisher nicht möglich war", erklärt Jakob Trendel, der Entwickler von XRNAX. „Von vielen Protein-RNA Interaktionen wird vermutet, dass sie die Ursache für Krankheiten sein könnten – darunter Krebs, Amyotrophe Lateralsklerose oder virale Infektionen wie HIV. Jetzt haben wir eine Möglichkeit, das zu überprüfen."

Jakob Trendel, Thomas Schwarzl, Ananth Prakash, Alex Bateman, Matthias W. Hentze, Jeroen Krijgsveld: The Human RNA-Binding Proteome and Its Dynamics During Arsenite-Induced Translational Arrest
Cell 2018, DOI: 10.1016/j.cell.2018.11.004

 

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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