Bei einigen Hirntumoren nutzt vor der Therapieentscheidung der Blick auf die Gene
Forscher des "Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ)" zeigen gemeinsam mit Kollegen aus den USA, welche molekularbiologische Vielfalt sich hinter bestimmten scheinbar gleichartigen embryonalen Hirntumoren verbergen kann. Die Wissenschaftler konnten in der vom Deutschen Krebskonsortium (DKTK) unterstützten klinischen Studie zeigen, wie wichtig es sowohl für die Diagnosestellung und die Wahl der richtigen Behandlungsstrategie ist, die molekularen Eigenschaften der Tumoren zu kennen.
Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Heidelberg.
Oft unterscheiden sich mikroskopisch ähnliche Hirntumoren auf molekularer Ebene stark voneinander – Unterschiede, die bei der Wahl des Behandlungsverfahrens berücksichtigt werden müssen. Kinder, die an embryonalen Hirntumoren erkrankt sind, müssen meist besonders intensive, beschwerliche Therapien durchlaufen. Sie haben – abhängig von ihrer Tumoruntergruppe – oft dennoch nur geringe Heilungschancen. Das trifft auch für die sogenannten „supratentoriellen primitiven neuroektodermalen Tumoren“ (sPNETs) zu: Diese Krebsformen gehen aus unreifen Zellen des Zentralnervensystems (ZNS) hervor und wachsen daher besonders schnell und aggressiv.
Das Team um Professor Stefan Pfister, KiTZ Direktor, Abteilungsleiter "Pädiatrische Neuroonkologie" am DKFZ und Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg untersuchte zusammen mit Kollegen des Fred Hutchinson Cancer Research Center (Seattle, USA) und des Children’s National (Washington DC, USA) sPNET mit modernen Datenanalysemethoden. Dazu nahmen die Wissenschaftler im Tumorgewebe von Patienten, die an einer Phase-III-Studie für mikroskopisch diagnostizierte sPNETs teilnahmen, bestimmte chemische Markierungen des Erbguts, sogenannte DNA-Methylierungen unter die Lupe. Mit diesem Verfahren konnten sie Tumoruntergruppen unterscheiden, die sich durch eine reine mikroskopische Analyse nicht voneinander trennen ließen.
Würde diese molekular-diagnostische Klassifizierung routinemäßig vor der Behandlung eingesetzt, könnte vielen Kindern eine belastende Behandlung erspart werden. Davon ist Pfister, einer der Hauptautoren der Studie, überzeugt. “Bei den meisten Kindern mit ZNS-Tumoren ist eine genaue Diagnose und damit auch Abschätzung der Prognose möglich, wenn neben den histologischen Untersuchungen eine Methylierungsanalyse des Tumor-Erbguts durchgeführt wird“, erklärt er. „Wir können so besser beurteilen, wem eine intensive Bestrahlungs- und Chemotherapie mit hoher Wahrscheinlichkeit nutzen kann, und wenn ja welche. Dadurch können wir so manchem Kind unnötige Therapieelemente ersparen.“
Im speziellen Fall der vorliegenden Studie stellte sich durch die Methylierungsuntersuchung heraus, dass nur wenige Patienten tatsächlich ein sPNET hatten und ein erheblicher Teil stattdessen biologisch eindeutig ein sogenanntes kleinzelliges Glioblastom. Auch Ependymome und andere seltenere Tumorarten verbargen sich im Sammelsurium von mikroskopisch als sPNET diagnostizierten Tumoren. Wenn man diese „Falschklassifizierten“ herausrechnet, ist bei sPNET die Prognose deutlich besser als seit Jahrzehnten angenommen und die Patienten sprechen mit größerer Wahrscheinlichkeit auf die Chemotherapie an.
Da die molekulare Charakterisierung embryonaler kindlicher Krebserkrankungen des zentralen Nervensystems zu Beginn einer Behandlung entscheidenden Einfluss auf die Art und den Erfolg der Therapie nehmen kann, empfehlen die Wissenschaftler, sie als Standardverfahren in die Diagnosestellung einzubeziehen.
Originalpublikation:
Hwang et al. 2018: Extensive Molecular and Clinical Heterogeneity in Patients With Histologically Diagnosed CNS-PNET Treated as a Single Entity: A Report From the Children’s Oncology Group Randomized ACNS0332 Trial. DOI: 10.1200/JCO.2017.76.4720. Journal of Clinical Oncology – Online-Publikation am 17. Oktober 2018.
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Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ)
Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Heidelberg. Das KiTZ ist gleichzeitig Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Es verfolgt das Ziel, die Biologie kindlicher Krebs- und schwerer Bluterkrankungen wissenschaftlich zu ergründen und vielversprechende Forschungsansätze eng mit der Patientenversorgung zu verknüpfen – von der Diagnose über die Behandlung bis hin zur Nachsorge. Krebskranke Kinder, gerade auch diejenigen, für die keine etablierten Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen, bekommen im KiTZ einen individuellen Therapieplan, den Experten verschiedener Disziplinen in Tumorkonferenzen gemeinsam erstellen. Viele junge Patienten können an klinischen Studien teilnehmen und erhalten damit Zugang zu neuen Therapieoptionen. Beim Übertragen von Forschungserkenntnissen aus dem Labor in die Klinik übernimmt das KiTZ damit Vorbildfunktion.
Das KiTZ mit neuem Webauftritt
Unter www.kitz-heidelberg.de sind ab sofort umfassende Informationen für Patienten und Angehörige, Ärzte und Wissenschaftler sowie für Unterstützer des KiTZ verfügbar. Auch das Corporate Design des KiTZ wurde leicht angepasst. Ein eigener Webshop sowie eine Facebookseite sind in Planung.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich rund 65.000 Patienten vollstationär, 56.000 mal Patienten teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.700 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg. www.klinikum-heidelberg.de
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