Brustkrebs: individualisierte Therapie im Visier
Gemeinsame Pressemitteilung des DKFZ und des NCT Heidelberg zum Brustkrebsmonat Oktober
Brustkrebserkrankungen sind so vielfältig wie die Betroffenen selbst. Wissenschaftler und Ärzte des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg erstellen daher ein genetisches Profil von Gewebeproben aus Metastasen, bevor sie auf dieser Grundlage die geeignete, für die jeweilige Patientin maßgeschneiderte Therapie auswählen. So wollen sie Heilungschancen verbessern und das Risiko für Nebenwirkungen senken.
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung in der weiblichen Bevölkerung. Eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an einem bösartigen Tumor der Brust. Doch Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Vielmehr existiert eine Reihe von verschiedenen Subtypen, die unterschiedlich behandelt werden müssen. „Noch komplizierter wird es bei fortgeschrittenem Brustkrebs, wenn bereits Metastasen aufgetreten sind", erklärt Peter Lichter, DKFZ und NCT Heidelberg. „Dann sehen wir nicht nur stärkere Unterschiede zwischen den Betroffenen, sondern auch zwischen den einzelnen Krebszellen ein und derselben Patientin." Und genau das mache die Behandlung von Patientinnen, bei denen sich bereits Metastasen, also Tochtergeschwülste vom Tumor abgesiedelt haben, letztlich so schwierig.
Grund für die Vielfalt ist die Tatsache, dass Krebserkrankungen durch eine Vielzahl genetischer Veränderungen entstehen. Welche das sind, ist von Patientin zu Patientin individuell verschieden. Doch die genetischen Veränderungen entscheiden letztlich darüber, wie die Krankheit verläuft und welche Therapieform den größten Erfolg verspricht. Im Rahmen der CATCH-Studie (Comprehensive Assessment of Clinical Features and Biomarkers To Identify Patients with Advanced or Metastatic Breast Cancer for Marker Driven Trials in Humans) nehmen Wissenschaftler und Ärzte um Lichter und Andreas Schneeweiss, NCT und Universitätsklinikum Heidelberg, nun diese genetische Vielfalt von Brustkrebszellen unter die Lupe, um betroffenen Frauen künftig eine maßgeschneiderte Therapie anbieten zu können.
Dazu analysiert Lichter mit seinem Team zunächst Gewebeproben aus Metastasen von Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs. Die Wissenschaftler erstellen so zunächst für jede Studienteilnehmerin ein genetisches Profil. „Auf diese Weise können wir die individuellen Unterschiede bei Brustkrebserkrankungen viel genauer erfassen, als es bislang möglich war", erklärt der Molekulargenetiker.
Anschließend sind die Krebsmediziner um Schneeweiss an der Reihe. Sie wählen anhand dieses Profils die Therapie für die einzelne Patientin aus. Das kann je nach Bedarf eine erprobte Standardtherapie sein oder aber ein Wirkstoff, der eigentlich für die Behandlung anderer Erkrankungen zugelassen ist, bei der individuellen Brustkrebsform jedoch ebenfalls erfolgsversprechend ist. Mediziner sprechen von einem so genannten Off-Label-Use. Darüber hinaus werden auch innovative Therapieverfahren eingesetzt, die sich erst in der wissenschaftlichen Erprobung befinden. „Eine Besonderheit unserer Studie ist, dass wir nicht nur diese große Auswahl an Therapiemöglichkeiten haben, sondern dass sie nur Patientinnen einschließt, die wir hier vor Ort behandeln", erklärt Schneeweiss. „Dadurch gehen die genetische Analyse und die Behandlung Hand in Hand, und wir können sehr schnell reagieren und die Therapie anpassen – je nachdem, wie die Patientin auf die Behandlung anspricht."
Bislang wurden mehr als 130 Patientinnen in ihre Studie aufgenommen. Ein Teil der Teilnehmerinnen erhält bereits eine maßgeschneiderte Therapie, die aufgrund des genetischen Profils ihrer Metastase ausgewählt wurde. „Noch ist es eigentlich zu früh, um über Erfolge zu berichten", sagt Schneeweiss. Doch er verrät, dass bei einigen Patientinnen bereits zu beobachten sei, dass sie auf die Behandlung ansprechen und sich ihr Zustand verbessere. „Und das bei Patientinnen, denen wir bei herkömmlicher Herangehensweise weniger Hoffnung auf Besserung machen könnten."
In der aktuellen Pilotstudie werden ausschließlich Patientinnen behandelt, deren Brustkrebserkrankung so weit fortgeschritten ist, dass das hauptsächliche Ziel einer Therapie darin besteht, ein weiteres Fortschreiten der Krankheit zu bremsen. „Für die Zukunft planen wir aber auch Patientinnen in einem frühen Stadium und mit einem hohen Risiko für einen aggressiven Verlauf mit Metastasenbildung einzuschließen", erklärt Schneeweiss. „Wenn es uns gelingt, bei diesen Betroffenen mit unserer Herangehensweise die Heilungschancen zu verbessern und die Rückfallrate zu senken, dann haben können wir einen echten Erfolg für die Brustkrebstherapie verbuchen."
Kontakt für Patienten und Zuweiser:
Patientenzentrum2.nct@med.uni-heidelberg.de
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg, der Medizinischen Fakultät Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, zeitnah erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. In Dresden wird seit 2015 ein Partnerstandort des NCT Heidelberg aufgebaut.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.