Erbgutanalyse von Krebszellen: Größte Sequenziereinheit Deutschlands entsteht in Heidelberg
Um Krebserkrankungen besser verstehen und zukünftig gezielter behandeln zu können, sind umfassende Untersuchungen des Erbguts von Krebszellen unerlässlich. Am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) wird dafür mit Unterstützung durch das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) ein Gerätepark aus zehn Sequenziergeräten der neuesten HiSeq X-Ten-Generation aufgebaut. Die Geräte der Firma Illumina erlauben es, in kürzester Zeit alle genetischen Veränderungen, die zu Krebs führen können, zu identifizieren. Deutschlandweit handelt es sich bei dieser Anlage um das erste Beispiel einer im Kontext des DKTK und des DKFZ betriebenen Forschungsplattform.
Als im Herbst 1990 das Humangenomprojekt angestoßen wurde, dauerte die Erbgutanalyse für einen einzelnen Menschen noch rund 13 Jahre und kostete viele hundert Millionen Euro. Dank der rasch fortschreitenden technologischen Entwicklung kann das komplette Erbgut heute bereits in wenigen Stunden abgelesen werden, zu einem Preis von weniger als Tausend Euro pro Genom. Speziell für Krebspatienten ist das von großer Bedeutung, denn bei Krebs häufen sich Fehler im Erbgut an, die dazu führen, dass gesunde Zellen entarten und unkontrolliert wachsen. Werden diese Fehler im Erbgut mittels DNA-Sequenzierung bestimmt, kann das zu einem besseren Verständnis der frühen Tumorentstehung führen und den Weg zu einer individualisierteren Behandlung weisen.
Bereits heute werden Tumoren im Rahmen der Forschung am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg und an den sieben DKTK-Partnerstandorten mittels Erbgutanalyse untersucht. „Mit den neu eingerichteten Sequenzieranlagen können wir im DKFZ das Erbgut der Krebszellen von weiteren 3.500 Patienten jährlich komplett sequenzieren“, erklärt Professor Otmar D. Wiestler, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums und Sprecher des DKTK. „Das wird uns sowohl wertvolle Erkenntnisse für die Forschung liefern als auch neue Wege für die personalisierte Medizin ermöglichen.“ Die Sequenziergeräte stehen nicht nur den Wissenschaftlern des DKFZ zur Verfügung. Auch Forscher des DKTK können sie nutzen. „Für uns am DKTK-Partnerstandort München eröffnen sich dadurch völlig neue Möglichkeiten in der personalisierten Onkologie. Manche Studien und Forschungsvorhaben werden erst durch die großen Sequenziergeräte möglich“, ist auch Professor Wolfgang Hiddemann, Sprecher des DKTK-Partnerstandortes München, überzeugt.
Die Hoffnung, dass die Analyse des Erbguts von Krebszellen auch neue Behandlungsmöglichkeiten für die betroffenen Patienten schafft, ist nicht unbegründet: Schon heute sind mehr als 35 Medikamente für Krebspatienten zugelassen, die sich zielgerichtet gegen veränderte Bestandteile in Krebszellen richten. Sie können dazu beitragen, sowohl die Lebensqualität als auch die Heilungschancen vieler Krebspatienten zu verbessern.
Mit dieser Forschungsplattform unter Leitung von Professor Stefan Wiemann und Dr. Stephan Wolf rückt das DKFZ zusammen mit dem DKTK weltweit zu den größten Genomforschungseinrichtungen auf. Möglich werden Anschaffungen dieser Größenordnung vor allem durch Forschungsverbünde mehrerer exzellenter Partner. In den sechs vom Bund geförderten Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung arbeiten universitäre Partnerstandorte eng mit den außeruniversitären Gesundheitszentren der Helmholtz-Gemeinschaft zusammen. Sie wollen die häufigsten Volkskrankheiten wie Krebs, neurodegenerative Erkrankungen, Diabetes, Herz-Kreislauf-, Lungen- und Infektionskrankheiten gemeinsam bekämpfen. „Eine Investition dieser Größenordnung und ein Aufbau einer solch großen Infrastruktur ist für die Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung bislang einmalig“, sagt Professor Josef Puchta, der kaufmännischer Vorstand des DKFZ und des DKTK ist.
Das Bild zur Pressemitteilung ist hier zum Download verfügbar:
www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2015/bilder/DKFZ_Sequenzer.jpg
Quelle: DKFZ
Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) verbindet sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg als Kernzentrum langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen Universitätskliniken in Deutschland. Am Kernzentrum DKFZ und den sieben Partnerstandorten Berlin, Dresden, Essen/Düsseldorf, Frankfurt/Mainz, Freiburg, München und Tübingen arbeiten insgesamt zwanzig Einrichtungen zusammen. Vorrangiges Ziel der im DKTK kooperierenden Wissenschaftler und Ärzte ist es, die Ergebnisse der Grundlagenforschung möglichst rasch in neue Ansätze zur Prävention, Diagnostik und Behandlung von Krebserkrankungen zu übertragen. Dazu werden an allen Partnerstandorten gemeinsame Translationszentren aufgebaut. Patienten sollen für innovative Studien gemeinsam rekrutiert, Daten einheitlich erfasst und Labormethoden harmonisiert und innerhalb des Konsortiums verfügbar werden. Dafür bietet das DKTK den Partnern eine gemeinsame Infrastruktur für die Forschung. Aufgabe des DKTK ist es weiterhin, junge Mediziner und Naturwissenschaftler in der Krebsmedizin und der translationalen Krebsforschung auszubilden. Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der beteiligten Bundesländer, der Deutschen Krebshilfe und des Deutschen Krebsforschungszentrums. Es zählt zu den sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG).