Core Facility

Zentrum für Präklinische Forschung (ZPF)

Prof. Dr. Kurt Reifenberg

Krebserkrankungen stellen neben den physischen und psychischen Belastungen für Patienten und deren Angehörige auch ein großes gesundheitspolitisches Problem dar. Im DKFZ befasst man sich mit der Erforschung der molekularen Mechanismen der Krebsentstehung und Progression sowie mit der Entwicklung und Verbesserung von therapeutischen Interventionen. 

Die Forschenden des DKFZ setzen bei ihren Forschungsprojekten wenn möglich auf Zellkulturen, Organoide oder Computersimulationen (Replacement). Aufgrund der Komplexität der Krankheit Krebs, die den gesamten Organismus betrifft, ist die Aussagekraft solcher alternativen in vitro/in silico Systeme leider in vielen Fällen begrenzt. Um eine systemische Erkrankung wie Krebs in ihrer Komplexität zu verstehen, ist die Durchführung von Tierversuchen daher unumgänglich. Hierbei werden die Tierversuche auf das unabdingbare Maß beschränkt (Reduction) und schonende Techniken bei der Versuchsdurchführung eingesetzt, um Versuchstiere rücksichtsvoll zu behandeln (Refinement und Culture of Care). Für ihre tierexperimentellen Arbeiten nutzen DKFZ-Forschende vorzugsweise Nagetiere, in seltenen Fällen auch Amphibien und Fische. 

Um die Entwicklung einer speziellen Krebserkrankung beim Menschen samt den unterschiedlichen Symptomen widerzuspiegeln, werden in der heutigen Krebsforschung unterschiedlichste Tumormodelle eingesetzt. Insbesondere genetisch veränderte Mäuse mit gewebespezifischem Gewinn oder Verlust von Genen dienen dazu, deren Rolle in der Tumorentwicklung aufzuklären Darüber hinaus werden häufig Mäuse mit eingeschränktem Immunsystem eingesetzt, um die Übertragung menschlicher Tumorzellen zu ermöglichen. Schließlich werden bei Versuchsmäusen bestimmte Tumore mit Hilfe Krebs-auslösender Substanzen erzeugt. 

In Deutschland werden Tierversuche durch mehrere Rechtsnormen geregelt und streng überwacht. Zu den wichtigsten gehören das deutsche Tierschutzgesetz (TierSchG) und die Tierschutzversuchstierverordnung (TierSchVersV). Auch im deutschen Grundgesetz ist der Tierschutz als Staatsziel formuliert (Art. 20a).
Das Team des Zentralen Tierlabors (ZTL) am DKFZ, bestehend aus Tierpflegenden, Tierärzt:innen und Mitarbeitenden in der Verwaltung, gewährleisten, dass alle Tiere im Einklang mit den gültigen nationalen und internationalen Rechtsvorschriften auf höchstem Hygieneniveau gehalten werden und stellen das Wohlergehen der Tiere sicher. Dies ist die Grundvoraussetzung, dass die Forschenden Fragenstellungen zu komplexen Krebsgeschehen bearbeiten können. Neben der Wahrung des Tierschutzes unterstützen und beraten die Tierschutzbeauftragten die Forschenden bei der Planung und Durchführung ihrer Experimente. 

Im ZTL-Diagnostiklabor wird regelmäßig der Gesundheitszustand der Tiere kontrolliert. Die Transgeneinheit unterstützt Wissenschaftler bei der Generierung maßgeschneiderter genetisch veränderter Mausmodelle für spezifische menschliche Tumorerkrankungen. Ferner werden dort die wichtigsten Mausstämme genetisch abgesichert, indem Spermien oder frühe Embryonen von Trägertieren gewonnen und in Flüssigstickstoff gelagert werden. 

Die Einheit Tumormodelle realisiert für DKFZ-Forscher Krebsstudien im Tier durch die Applikation krebserzeugender Substanzen und durch Transfer von Krebszellen in immundefiziente Mäuse und führt sowohl Diät- als auch Therapiestudien durch.

Zentrales Tierlabor

Neben Ratten, Meerschweinchen, Vielzitzenmäusen und Amphibien spielen gentechnisch veränderte Mäuse eine herausragende Rolle in der Krebsforschung.

Die Mitarbeitenden des Zentralen Tierlabors (ZTL) züchten und halten Versuchstiere für die Arbeitsgruppen des DKFZ. Neben Ratten (Rattus norvegicus), Meerschweinchen (Cavia porcellus), Vielzitzenmäusen (Mastomys coucha) und Amphibien (Xenopus spp.) handelt es sich im Wesentlichen um Mäuse (Mus musculus), die gentechnisch verändert, eine herausragende Rolle in der Krebsforschung spielen.

Ein auf Versuchstierkunde spezialisiertes Team von klinischen Tierärzten leitet die Tierhaltung. Überwiegend im eigenen Haus ausgebildete Tierpfleger versorgen in Teams jeweils spezifische Tiergruppen. Die hausinterne Ausbildung und ständige Fortbildungsmaßnahmen sind die Basis für eine optimale Qualifikation des Tierpflegepersonals. Eine enge und konstruktive Kooperation zwischen Tierärzten, Tierpflegern und Wissenschaftlern gewährleistet nicht nur eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Unterbringung was Platzbedarf, Temperatur, Luftfeuchte, Enrichment etc. angeht, sondern sorgt zudem für eine Minimierung versuchsbedingter Belastungen der Tiere. Zur Dokumentation der Zuchten, wobei alle in der Versuchstierkunde üblichen Zuchtverfahren praktiziert werden, wird eine spezielle Software eingesetzt. Dies stellt eine adäquate Transparenz für alle Beteiligten her.

Tiere, die frei von Krankheitserregern (Pathogenen) sind, werden nicht nur aus Tierschutzgründen gefordert. Für die Erarbeitung aussagekräftiger Versuchsergebnisse sind gesunde Tiere eine absolut notwendige Voraussetzung. Der sogenannte „spezifisch Pathogen freie“ (SPF) Status wird durch eine Tierhaltung in speziellen Bereichen (Barrieren) und/oder in einzelbelüfteten Käfigen (IVC) erreicht und durch eine enge Kooperation mit Mitarbeitern der Einheit „Mikrobiologische Diagnostik“ regelmäßig nach internationalen Richtlinien überwacht. Mit diesen Kontrollen gelingt es, Tiere mit einer optimalen mikrobiologischen Qualität zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen von Importen werden immer wieder Aufreinigungen von Mausstämmen, die mit störenden pathogenen Mikroorganismen befallen sind, erforderlich. Die Befreiung des Tierstammes von solchem Befall, eine sogenannte Hygiene-Sanierung wird routinemäßig zur Qualitätssteigerung durchgeführt, und zwar durch Embryotransfer. Hierbei werden wenige Tage alte Mausembryonen aus mikrobiologisch kontaminierten Spenderinnen entnommen und auf Empfängerinnen mit SPF-Hygieneniveau übertragen. Sie werden samt ihrer Jungtiere in Isolatoren gehalten und intensiv mikrobiologisch untersucht, bevor deren Überführung in einen SPF-Haltungsbereich erfolgen kann.

Um genetische Veränderungen in Tumoren des Menschen nachzustellen, werden in der Forschung Mausmodelle etabliert, die ein oder auch mehrere Gene in veränderter Form als Transgene oder knock-out Allele in einem hoch ingezüchteten und damit genetisch hoch standardisierten Hintergrund tragen. Um Inzuchtstämme noch besser auf ihre Authentizität hin zu überprüfen, wird aktuell ein Programm zur systematischen Analyse einer Reihe von Einzelnukleotid-Polymorphismen (engl. Single Nucleotide Polymorphisms, SNPs) eingeführt.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat ein modernes Tierhaus eingerichtet und arbeitet eng mit den Tierschutzbehörden zusammen. Unsere Wissenschaftler setzen auf die 3R Regel: Wir führen so wenig Tierversuche wie möglich durch (Reduction), wir versuchen, sie durch stetige Weiterentwicklung zu verbessern (Refinement) und, wenn es möglich erscheint, durch Alternativen zu ersetzen (Replacement). Eine so komplexe Krankheit wie Krebs, die den ganzen Körper betrifft, wird sich allerdings nie vollständig am Bildschirm oder in der Kulturschale darstellen lassen. Insofern unterstützen wir die Einrichtung der gemeinsamen Initiative der Allianz der Wissenschaften „Tierversuche verstehen", die über Tierversuche in der Forschung informieren möchte.Hier finden Sie die Seiten von Tierversuche-Verstehen.

Tumormodelle

In vivo Tumormodelle als unverzichtbare Instrumente der Tumorforschung

Bösartige Tumoren sind Gewebe mit komplexem Phänotyp, die in einem langwierigen Prozess aus einer normalen Zelle schrittweise entstehen. Treibende Kräfte der Tumorentwicklung sind die progressive Anhäufung von genetischen und epigenetischen DNA-Veränderungen. Dadurch bedingte Beeinträchtigungen zellulärer Signalwege und Schaltkreise verschaffen der jeweils betroffenen Zelle Wachstumsvorteile in ihrer unmittelbaren Umgebung und gegenüber dem Immunsystem. Damit einhergehend werden neue Gefäße gebildet und Entzündungsreaktionen im umgebenden Stützgewebe ausgelöst Komplexe Interaktionen zwischen Tumor- und Gefäß-, Immun- oder Stromazellen sind bisher in Zellkultur-Systemen nicht authentisch nachvollziehbar. In vivo Tumormodelle, seien es genetisch manipulierte Mauslinien oder Heterograftmäuse, sind daher als Instrumente für die Erforschung der molekularen und zellulären Grundlagen der Tumorentwicklung als auch für translationale Applikationen für die Krebsforschung unverzichtbar.

Die Core Facility "Tumormodelle" bietet Expertise sowie spezifische Einrichtungen und Ressourcen an, um die Planung, Durchführung und Auswertung von Tierversuchen in anerkannten in vivo Entzündungs- und Tumormodellen nach State-of-the-Art-Protokollen und geltendem Recht effizient und erfolgreich mit Ihnen zu gestalten.

Die Aufgaben werden teils im Vollservice und teils im unterstützten Service erfüllt. Letzteres impliziert ein Training von beteiligten Experimentatoren insbesondere bei der geplanten Verabreichung von Karzinogenen und reizenden Substanzen. Das Angebot an Modellen wird sich ändernden Forschungsbedürfnissen anpassen.

Datenbank: MITO | Models in Translational Oncology

Mikrobiologische Diagnostik

Durch Immunfluoreszenzfärbung (grün) werden Eiweiße eines Maus-Hepatitis-Virus in befallenen Mäusezellen sichtbar. Allerdings reicht die Auflösung des Lichtmikroskops nicht aus, um einzelne Viren ausmachen zu können.

Aussagekräftige wissenschaftliche Ergebnisse lassen sich nur dann mit einem Minimum an Versuchstieren erzielen, wenn die Tiere frei sind von Krankheitserregern, die die Versuchsergebnisse verfälschen können. Mikrobiologisch standardisierte Tiere sind eine Voraussetzung, um Tierversuche auf das gesetzlich vorgeschriebene „unerlässliche Maß“ zu beschränken. Aufgabe des Bereiches Mikrobiologische Diagnostik ist es, zu verhindern, dass schädliche Mikroorganismen in die Tierhaltung des Krebsforschungszentrums eingeschleppt werden und sicherzustellen, dass die im zentralen Tierlabor gehaltenen Tiere frei von Infektionen und Parasiten sind. Auch biologische Materialien, die in Experimenten verwendet werden, wie z.B. Zellen, Tumorproben oder Seren, werden auf Verunreinigungen mit Bakterien, Pilzen und Viren untersucht, bevor sie für Experimente verwendet werden.

Biotechniken

Mikroinjektion unter dem Mikroskop: Durch eine feine Kanüle (rechts) wird Erbmaterial in einen Mausembryo übertragen.

Die Einheit Biotechniken unterstützt Wissenschaftler im DKFZ bei der Herstellung genetisch veränderter (transgener) Mauslinien. Dabei werden DNA-Sequenzen in das Erbgut der Tiere übertragen oder endogene Sequenzen verändert. Je nach wissenschaftlicher Fragestellung kann das eingefügte Gen in ein funktionelles Protein übersetzt, oder ein bestimmtes Gen des Empfängertieres kann verändert oder stillgelegt werden.

Zur Herstellung genetisch veränderter Mäuse (z.B. als Modellsysteme zur Erforschung menschlicher Erkrankungen) werden überwiegend drei Methoden genutzt:

DNA-Mikroinjektion: Fremde DNA wird in befruchtete Maus-Eizellen (Zygoten) injiziert, die von Ammenmäusen ausgetragen werden. Ein Teil der neugeborenen Mäuse hat die fremde DNA in ihr eigenes Genom integriert.

CRISPR/Cas-Technik: Bei dieser Technik handelt es sich um eine Endonuklease-vermittelte, zielgerichtete Genom-Editierung. RNA (gRNA und Cas9 mRNA) und DNA (Template, falls gewünscht) werden in befruchtete Maus-Eizellen (Zygoten) injiziert und diese in Ammenmäuse transferiert. Ein Teil der geborenen Tiere besitzt eine entsprechende Modifizierung des Genoms an der beabsichtigten Stelle.

ES-Zell-Mikroinjektion: DNA wird in embryonale Stammzellen von Mäusen (ES-Zellen) eingebracht und die genetisch modifizierten ES-Zellen in frühe Mausembryonen (Blastozysten) injiziert. Die Zellen mit der Fremd-DNA integrieren sich in den Embryo. So lassen sich chimäre Mäuse mit Mutationen in bestimmten Genen erzeugen (z.B. „Knock-out"-Mäuse). Die beobachteten Effekte bei Mäusen mit solchen Knock-out-Mutationen erlauben Rückschlüsse über die biologische Funktion, die das stillgelegte Gen normalerweise wahrnimmt.

Darüber hinaus bietet die Einheit Biotechniken einen Kryokonservierungsservice an, über den Mausspermatozoen oder -embryonen zur sicheren Verwahrung in flüssigem Stickstoff gelagert werden können. Dadurch können Linien erhalten werden, welche gerade nicht in Verwendung sind. Kryokonservierte Linien können bei der Einheit Biotechniken auch revitalisiert werden.

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