Translationale Molekulare Bildgebung
- Bildgebung und Radioonkologie

Prof. Dr. Leif Schröder
Abteilungsleitung Translationale Molekulare Bildgebung
Die Forschung der Abteilung Translationale Molekulare Bildgebung konzentriert sich auf die Entwicklung und Charakterisierung zielgerichteter Kontrastmittel im Kontext neuartiger Detektionstechniken für diagnostische Anwendungen in der Onkologie. Wir wollen wichtige molekulare Veränderungen beim Auftreten und Fortschreiten von Krebs frühzeitig sichtbar machen und profitieren dabei von der starken interdisziplinären Tradition der Magnetresonanz am Standort Heidelberg.

Unsere Forschung
Zu diesem Zweck verfolgen wir den Ansatz, aktuelle naturwissenschaftliche Konzepte in die Diagnostik zu übertragen. Hierzu zählen neuartige Magnetresonanz-Verfahren wie Spin-Hyperpolarisation und Sättigungstransfer in Austausch-gekoppelten Spinsystemen. Wir untersuchen auch biowissenschaftliche Aspekte etablierter Kontrastmittel im Hinblick auf ihre langfristige Stabilität und erweitern das Verständnis ihres biochemischen Verhaltens.
Die Abteilung nahm nach Gründung mit Unterstützung durch die Dieter Morszeck Stiftung ihre Arbeit im Frühjahr 2023 in der neu bezogenen Joint NMR Facility (gemeinschaftlich betrieben mit der Abteilung Wirkstoffforschung) auf und hat durch ihre Ausrichtung eine starke Anbindung an die Fakultät für Physik und Astronomie der Universität Heidelberg. Die von uns entwickelten Techniken finden auch in verschiedenen explorativen Studien mit internationalen Kooperationspartnern Anwendung. Der in unserem Labor verfolgte Paradigmenwechsel zielt darauf ab, die Vorteile der nicht-invasiven Bildgebung wie MRT mit der hohen Empfindlichkeit und Spezifität funktionalisierter Reporter zu kombinieren. Dies ist ein entscheidender Baustein der Früherkennung und Therapiekontrolle und wird schließlich die Lücke zwischen nuklearmedizinischen Modalitäten wie PET / SPECT und MRT schließen, ohne ionisierende Strahlung zu verwenden oder Kompromisse bei der Eindringtiefe wie bei optischen Methoden einzugehen. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, die geringe Sensitivität der konventionellen MRT auf molekulare Ebene fundamental neu zu adressieren und so bislang nicht darstellbare molekulare Marker und Prozesse im MRT sichtbar zu machen.
Spin-Physik für ultra-sensitive MR-Bildgebung
Neue Ansätze für eine bessere Diagnostik
Die konventionelle Magnetresonanz-Tomographie (MRT) ist relativ unempfindlich und stellt deswegen meist nur die Signale von Fett- und Wasser-Molekülen dar. Sie hat aber den Vorteil, ohne ionisierende Strahlung auszukommen und tieferliegendes Gewebe mit exzellentem Weichteilkontrast darzustellen. Bislang werden Tumoren aber oft erst entdeckt, wenn sie eine gewisse Größe überschreiten und schon Milliarden Zellen enthalten. Die Kombination mit Kontrastmitteln, die biochemische Veränderungen wie den Stoffwechsel des Tumors oder zelluläre Marker schon viel früher visualisieren, ist deswegen ein seit langem verfolgtes Ziel in der MRT-Forschung.
Zentraler Bestandteil ist dabei, die Sensitivität der MRT zu steigern. Die Translation aus der Physik setzt hierbei dort an, wo sich die quantenmechanischen Eigenschaften der Kernspins ausnutzen lassen, um eine verstärkte Magnetisierung für ein 10.000-fach erhöhtes Signal zu bekommen. In Verbindung mit Verfahren der molekularen Biotechnologie integrieren wir diese Spin-Systeme in Reporter, die auf Krebs-spezifische Marker gerichtet sind. Unsere Verfahren beruhen insbesondere auf dem harmlosen Edelgas Xenon, das mit starken Lasern in einen Zustand extrem hoher Magnetisierung versetzt werden kann.So konnte durch die von uns entwickelten Methoden u.a. die Hyperpolarisation von Xenon für diese Anwendungen bereits um einen Faktor 15 gesteigert und die Detektionsgrenze insgesamt um einen Faktor 100.000 gesenkt werden. Unsere Verfahren können Zielmoleküle in Bildern nach 100 s darstellen, wo konventionelle MRT sonst 1100 Jahre brauchen würde.
Da die Spin-Systeme im lebenden Gewebe den vorab präparierten Zustand nur für eine begrenzte Zeit beibehalten, ist es auch von zentraler Bedeutung, die physikalischen Grundlagen dieser Prozesse zu verstehen und die Reporter weiter zu optimieren. Entscheidend ist ein Paradigmenwechsel in der Erzeugung, Anlieferung und Kodierung von Spin-Magnetisierung, um diese für neue diagnostische Methoden zu nutzen.

Ausgewählte Projekte

Koselleck-Projekt Multivalente Wirtsstrukturen
Die Adressierung von Ziel-Molekülen durch molekulare Einheiten, die dann als Reporter erst nach Bindung an/in Zellen in einem zweiten Schritt mit hyperpolarisierten Atomen in situ vereint werden, erweitert das Anwendungsspektrum der hyperpolarisierten MRT enorm. In diesem interdisziplinären Projekt, das im Rahmen des hochdotierten Koselleck-Programms der DFG finanziert wird, werden neuartige Nanocarrier entwickelt, die im Gewebe eine große Anzahl von hyperpolarisierten Atomen aufnehmen können. Mehr Info

WWCR-Projekt über molekulare Brustkrebs-MRT-Reporter
Mit Unterstützung der Stiftung World Wide Cancer Research (WWCR) entwickeln wir eine neuartigen Klasse molekularer Lungen-MRT-Reporter, die mit dem Edelgas Xenon kombiniert werden. Durch einfache Inhalation ist Xenon als Gas hervorragend geeignet, Brustkrebs-Metastasen in der Lunge aufzuspüren. Mit diesem Projekt streben wir eine neue Art der personalisierten Diagnostik in der MRT für die Früherkennung von Metastasen an. Mehr Info

Stabilität von Gd-Kontrastmitteln
Gadolinium-basierte Kontrastmittel (GBCAs) können unter bestimmten Voraussetzungen mit körpereigenen Substanzen wechselwirken. Unsere Abteilung steuert in mehreren Kooperationen neue Methoden zum Verständnis dieser Wechselwirkungen bei. Mehr Info

BIOQIC-Projekt zur MR-basierten Temperaturmessung
MRT-Messungen mit der (Hyper-)CEST-Methode wenden eine große Anzahl von Radiofrequenz-Pulsen an. Dadurch kann es zu Temperaturschwankungen in der Probe kommen und sich der Bildkontrast verändern. Dieses Projekt der DFG-geförderten Graduiertenschule BIOQIC (GRK 2260) untersucht solche Effekte mit hyperpolarisiertem Xe, das sowohl als CEST-Reporter als auch Temperatursonde fungieren kann. Mehr Info

k-Raum-Kodierung für hyperpolarisierte Spins
Die Kodierung der räumlichen Bildinformation für hyperpolarisierte Spins stellt besondere Herausforderungen aufgrund der begrenzten Lebensdauer der Hyperpolarisation dar. Verschiedene Ansätze können ausgenutzt werden, um redundante Informationen zu vermeiden und sowohl bei der Aufnahme als auch bei der Bildrekonstruktion die Qualität der Bilder bei verkürzten Aufnahmezeiten zu verbessern. Mehr Info
Team
13 Mitarbeiter:innen
-
Prof. Dr. Leif Schröder
Abteilungsleitung Translationale Molekulare Bildgebung
-
Sandra Casula
Administrative Assistant for Divisions E041, E270 and E280
-
Viktoria Bayer
-
Clark Bray
-
Hannah Gerbeth
-
David Hernandez Solarte
-
Dr. Jabadurai Jayapaul
-
Luca Kempny
-
Dr. Alexandra Lipka
Wissenschaftlerin
-
Chun Yat Lee
-
Samuel Lehr
-
Sophia Seufert
-
Dr. Patrick Werner
Postdoc Biologie
Ausgewählte Publikationen
(highlighted as cover article) Jost JO, Schröder L
Jayapaul J, Komulainen S, Zhivonitko VV, Mareš J, Giri C, Rissanen K, Lantto P, Telkki V-V, Schröder L:
Werner P, Taupitz M, Schröder L, Schünke P
(highlighted as cover article) Kunth M, Schröder L
Schröder L, Lowery TJ, Hilty C, Wemmer DE, Pines A
Methoden

MRT-Experimente werden auf einem 400-MHz-Extra-Wide-Bore-NMR-Magneten mit einer Avance Neo Konsole durchgeführt. Das Gradientensystem ist in der Lage, Amplituden von 150 G/cm zu erreichen. Verschiedene Spulen zur Protonen- und X-Kern-Detektion stehen zur Verfügung. Mehr Info

Die Produktion von hyperpolarisiertem Xenon basiert auf Spin Exchange Optical Pumping (SEOP) und wird mit unserem eigens entwickelten LEIPNIX-Polarisator (Laser Enabled Increase of Polarization for Nuclei of Imprisoned Xenon) durchgeführt. Mehr Info

Zur Entwicklung von empfindlichen Messtechniken für Xenon-Biosensoren verwenden wir ein indirektes Detektionsschema des vorübergehend gebundenen Xenons, das den Austausch des Edelgases zwischen dem freien Zustand in Lösung und dem Biosensor-Molekül nutzt: chemical exchange saturation transfer mit hyperpolarisierten Kernen. Hierdurch wird eine Signalverstärkung von etwa 7-8 Größenordnungen erreicht. Mehr Info

NMR-Signale des Edelgases Xenon reagieren äußerst empfindlich auf ihre molekulare Umgebung. Um diese molekulare Spezifität für NMR-Kontrastmittel nutzbar zu machen, kann Xenon vorübergehend in molekularen Käfigen eingeschlossen werden, die spezifisch an einen bestimmtes Zielmolekül binden. Mehr Info

Die Quantifizierung des Einflusses paramagnetischer Ionen auf die Magnetisierung von Wasser-Protonen erlaubt Rückschlüsse auf die Wechselwirkung von Makromolekülen wie Glykosaminoglykanen (GAGs) mit diesen Ionen, die z.B. für MR-Kontrastmittel eingesetzt werden. Mehr Info
Lehre und Abschlussarbeiten

Wintersemester:
(geplant ab 2025: NMR Physics of Coupled Spin Systems)
Sommersemester:
● Medical Physics 2 (zusammen mit PD Dr. Kuder)
Gemeinsame Lehrveranstaltungen mit der Abteilung Medizinische Physik in der Radiologie

Wintersemester:
● Methods of Physics in Biology and Medicine
(zusammen mit PD Dr. Kuder und Prof. Dr. Seco)
● Ko-Organisator im Medizinphysik-Seminar des DKFZ
Sommersemester:
● Methods of Physics in Biology and Medicine (zusammen mit PD Dr. Kuder)
Gemeinsame Lehrveranstaltungen mit der Abteilung Medizinische Physik in der Radiologie
Unsere Abteilung bietet immer wieder Möglichkeiten für Projektpraktika zu verschiedenen NMR-relevanten Themen an. Wir aktualisieren hierfür fortlaufend eine Liste mit Projekt-Optionen, aus denen sich ggf. später auch Abschlussarbeiten entwickeln lassen. Die Praktika können unter bestimmten Voraussetzungen auch als Leistungen im Fortgeschrittenen-Praktikum der Fakultät für Physik und Astronomie angerechnet werden.
Studenten können bei uns Einblicke in das interdisziplinäre Feld der MR-Forschung bekommen und verschiedene experimentelle Techniken der Kern-Magnetresonanz sowie Aspekte der Bild-Rekonstruktion und -Verarbeitung erlernen. Eine kurze Übersicht unserer Themenbereiche kann hier abgerufen werden.
Kontaktaufnahme über leif.schroeder(at)dkfz.de
Themen für Bachelor- und Masterarbeiten sowie Promotionsprojekte können nach Rücksprache an Interessierte vergeben werden. Eine kurze Übersicht unserer Themenbereiche kann hier abgerufen werden. Vorkenntnisse in Medizinischer Physik oder MR-Physik aus dem entsprechenden Curriculum der Fakultät für Physik und Astronomie sind vorteilhaft. Die Bewerbung für Promotionsprojekte erfolgt in der Regel zentral über das PhD-Programm des DKFZ (Link).
Typischerweise werden Doktoranden unserer Abteilung zu Beginn eines Promotionsprojektes auch Mitglieder der Heidelberg Graduate School for Physics (HGSFP), bei der wir im Bereich Medical Physics teilnehmen.

Unsere Abteilung organisiert in Zusammenarbeit mit Prof. Meldrum vom Department of Chemistry des College of William & Mary einen wiederkehrenden, mehrwöchigen Besuch in Heidelberg im Rahmen des “Study Abroad”-Programms für Studierende des College in Virginia.
Exemplarische Kooperationen und Verbundprojekte
Im Bereich hyperpolarisierter MR und insbesondere innerhalb des HYPERBOLIC-Konsortiums besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe NMR-Spektroskopie und CEST-Bildgebung.
Die Joint NMR Facility im Technologiepark 4 (INF 581) wird zusammen mit der Abteilung Wirkstoffforschung von Dr. Aubry Miller betrieben. Nutzer verschiedener Abteilungen haben hier Zugang zu einem 400 MHz-Narrow-Bore und einem 400-MHz-Wide-Bore-Magneten.
Zur Synthese neuer Reporter arbeiten wir bei der Peptid-Synthese mit Dr. Martin Schäfer zusammen.
Die Validierung unserer Reporter hinsichtlich Zellkultur-Studien und Massenspektrometrie erfolgt in gemeinsam betriebenen mit der Arbeitsgruppe von Martina Benesova-Schäfer im Forschungszentrum für Bildgebung und Radioonkologie (REZ, INF 223).
In diesem mehrjährigen Verbundprojekt des Deutschen Zentrums für Translationale Krebsforschung (DKTK) entwickeln wir am Standort Heidelberg neue Methoden der MRT mit hyperpolarisierten Reportern zusammen mit Pertnern in Freiburg, Tübingen, und München. Zur Erweiterung auf Anwendungen jenseits der metabolischen Bildgebung liefert unsere Abteilung Beiträge, um einen Marker auf bestimmten Krebszellen jenseits der Lebensdauer hyperpolarisierter Metaboliten wie Pyruvat darzustellen.
Innerhalb der Health + Life Science Alliance Heidelberg Mannheim arbeiten wir zusammen mit dem Organisch-Chemischen Institut (Prof. Mestalerz) und dem Anorganisch-Chemischen institut (Prof. Enders) an neuen molekularen Käfigstrukturen, die Xenon reversibel binden können und eine verbesserte Austauschkinetik vorweisen.
Einige Doktoranden der Abteilung (aktuell Samuel Lehr und Hannah Gerbeth) nehmen am CancerTRAX-Programm teil, bei dem die Projekte von einem Betreuer-Tandem am DKFZ und WIS geleitet werden. Unsere Abteilung kooperiert mit der Groppe von Prof. Bar-Shir zur Entwicklung neuer MR-Reporter.
Zusammen mit der Arbeitsgruppe GlycoScience of CellularBiophysics unter Leitung von Dr. Böhm entwickeln wir neue Methoden, um die Wechselwirkung von Gd(III)-Ionen mit Bestandteilen der extrazellulären Matrix zu verstehen.
In einer Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich “Matrix in Vision” setzt Patrick Werner Methoden der NMR-Relaxometrie ein, um das Verhalten von Gd(III)-Ionen aus MRT-Kontrastmitteln unter verschiedenen biochemischen Stimuli zu untersuchen.
Unsere Abteilung ist Partner im EU-geförderten Projekt “I4World” zur Untersuchung neuertiger molekularer Wirtsstrukturen.
Weiterführende Links
Kontaktieren Sie uns

