Molekulare Neurogenetik
- Zell- und Tumorbiologie
Dr. Haikun Liu
Abteilungsleiter
Die Abteilung Molekulare Neurogenetik untersucht die Mechanismen der Gehirnentwicklung und -erkrankungen mit dem Fokus auf Hirntumor-Stammzellen und ruhenden Krebszellen. Wichtige Entdeckungen umfassen Regulatoren wie TLX, GPD1 und CHD7. Mit fortschrittlichen Organoidmodellen, Einzelzellgenomik und CRISPR erforscht das Team die Mechanismen von Glioblastomen und sucht nach effektiven Behandlungsmöglichkeiten für diese tödliche Krebsart.
Bild: Organoid @ DKFZ,
Bild: Organoid @ DKFZ,
Unsere Forschung
In der Abteilung für Molekulare Neurogenetik konzentriert sich unsere Forschung auf die Aufklärung der molekularen Mechanismen, die die Gehirnentwicklung und -pathologie steuern, mit einem besonderen Fokus auf Gehirntumoren. In den letzten Jahren haben wir wichtige Regulatoren von Gehirntumorstammzellen identifiziert, darunter TLX und GPD1. Besonders hervorzuheben ist, dass unsere Arbeit gezeigt hat, dass das Ausschalten dieser Faktoren in vivo einen Überlebensvorteil bietet (Cell Stem Cell, 2014). Diese Entdeckung wurde als eine der besten Arbeiten des Jahres anerkannt und in Nature Reviews Cancer hervorgehoben.
In jüngerer Zeit haben wir GPD1 als den ersten bekannten Marker und essenziellen Regulator für ruhende Gehirntumorstammzellen identifiziert (Cell Stem Cell, 2019). Dies liefert entscheidende Einblicke in ein aufkommendes Forschungsgebiet zur Tumordormanz in verschiedenen Tumortypen. Darüber hinaus haben unsere Studien die zentrale Rolle des CHARGE-Syndrom-Proteins CHD7 bei der Steuerung der Zelldifferenzierung aufgezeigt – eine Entdeckung, die ein fundamentales Verständnis des CHARGE-Syndroms ermöglicht (Cell Stem Cell, 2013; Nature Communications, 2017).
Zukunftsperspektive:
Derzeit arbeiten wir an der Entwicklung hochentwickelter menschlicher Gehirn-Organoid- und Gehirntumor-Organoid-Modelle, die die genetischen und phänotypischen Merkmale von Gehirntumoren genau nachbilden (NPJ Precis Oncol. 2024, Cell Stem Cell, 2025). Durch den Einsatz modernster Einzelzell-Technologien, CRISPR/Cas9-Genomeditierung und künstlicher Intelligenz möchten wir die molekulare und zelluläre Heterogenität im menschlichen Glioblastom untersuchen, mit einem besonderen Schwerpunkt auf ruhende Krebsstammzellen. Unser langfristiges Ziel besteht darin, unsere grundlegenden Erkenntnisse in klinische Anwendungen zu übertragen, um effektive Behandlungen für Glioblastome zu entwickeln, eine der tödlichsten Krebserkrankungen beim Menschen.
Projekte
- Krebsstammzellen gezielt unschädlich machen
- Modellierung menschlicher Tumoren mit Hilfe von LEGO Organoiden
- Personalisierte Behandlung des Glioblastom mittels vom Patienten stammenden Organoiden
- Molekulare Prinzipien in neuralen Stammzellen, Neurogenese und Krankheiten des Zentralen Nervensystems
Unsere früheren Entdeckungen haben gezeigt, dass Krebsstammzellen das richtige Ziel für die Behandlung des Glioblastoms sind (2014, Cell Stem Cell). Wir haben kürzlich die ersten ruhenden Hirntumor-Stammzellen (2019, Cell Stem Cell) identifiziert, die gegen herkömmliche Therapien resistent sind und in diesem Zusammenhang konnten wir entscheidende Regulatoren der Ruhephase von Krebsstammzellen ausfindig machen. Derzeit entwickeln wir mehrere Substanzen, die darauf abzielen, Hirntumorstammzellen zu eliminieren. Diese sollen künftig in klinischen Studien weiter getestet werden. In diesem Projekt sind wir besonders daran interessiert die Signalwege der Zelle anzusteuern, die den Stoffwechsel von Tumorzellen regulieren.
Wir modellieren das genetische Spektrum, das bei GBM verändert ist in menschlichen iPSC-abgeleiteten Organoiden, um mit deren Hilfe die genetische Heterogenität bei GBM analysieren zu können. Unter Verwendung von CRISPR/Cas9 haben wir ein Spektrum von Mutationskombinationen in menschlichen iPSC generiert (Pten, Trp53, Cdkn2a, Cdkn2b, Nf1, Rb1, Egfr, Tert usw.), die nach aktuellem Stand der Forschung die am häufigsten mutierten Gene in menschlichem GBM sind (McLendon et al., 2008). Aus diesen Zellen konnten wir GBM-Organoide induzieren (LEGO: Laboratory Engineered Glioma Organoid), die die wichtigsten molekularen Merkmale des menschlichen GBM rekapitulieren. Wir verwenden diese LEGO-Modelle, um die Wechselwirkung zwischen genetischer Heterogenität und funktioneller Heterogenität bei GBM zu analysieren. Es werden auch Arzneimittelscreenings durchgeführt, um eine Genotyp- basierte Arzneimittelreferenz für die personalisierte Behandlung von GBM aufzubauen.
Mit unserem IPTO (individualisiertes, von Patienten abgeleitetes Tumororganoid) haben wir ein schnelles, effizientes und komplexes Kultursystem entwickelt, das die zelluläre Vielfalt und molekulare Heterogenität menschlicher Hirntumoren erhält. Von Patienten stammende Tumorexplantate werden in iPSC-abgeleitete zerebrale Organoide implantiert und somit als Hybridorganoid weiter kultiviert. Dieses Verfahren ermöglicht uns die Erstellung einer Organoidbank, die Material von mehreren hundert Patiententumoren enthält. Wir haben gezeigt, dass dieses Modell alle getesteten Tumoren des zentralen Nervensystems beherbergen kann, einschließlich Hirnmetastasen. Histologie, Epigenom und scRNA-seq-Analyse haben gezeigt, dass das IPTO-Modell die molekularen und zellulären Merkmale der elterlichen Tumore genau beibehält. Am wichtigsten ist, dass wir in einer perspektivischen klinischen Studie zeigen konnten, dass das IPTO-Modell die Arzneimittelreaktion des Patienten vorhersagt. Es stellt damit einen großen Durchbruch in der vorklinischen Modellierung menschlicher Krebserkrankungen dar, der einen klaren Weg hin zu einer personalisierten Therapie von Hirntumoren weist. Die derzeitigen Arbeiten im Labor umfassen die Verwendung von IPTO für die Vorhersage des Ansprechens von Patienten und die Entdeckung und Validierung von Zielen.
Wir haben eine Reihe von Mausmodellen und menschlichen Organoidmodellen generiert, die es uns ermöglichen, die Genexpression in neuralen Stammzellen (NSC) und Hirntumor-Stammzellen präzise zu manipulieren. In diesem Projekt widmen wir uns der Frage, auf welche Weise die dynamische Transkriptionsregulierung an der Konfiguration der Zell -identität, -aktivität und des Schicksals von NSCs beteiligt ist. Wir analysieren systematisch die Rolle essentieller Transkriptionsfaktoren und Chromatinregulatoren in der Neurogenese, um die molekularen Prinzipien der Zellidentitätsbestimmung zu eruieren. Insbesondere interessieren wir uns für die Untersuchung von Transkriptionsregulatoren wie Nr2e1 und Chd7, die bei menschlichen neurologischen Erkrankungen und Hirntumoren mutiert sind.
Unser Team
16 Mitarbeiter:innen
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Dr. Haikun Liu
Abteilungsleiter
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Heike Alter
Technische Angestellte
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Yuling Chen
Doktorandin
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Jin Chen
Doktorandin
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Claudia Guevara Lanero
Master Studentin
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Yassin Harim
Doktorand
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Yixuan Hu
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Sophia Kornherr
Master Studentin
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Xian Li
Doktorandin
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Xiaoyu Ma
Doktorandin
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Gabriele Meyer
Fremdsprachensekretärin
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Chrysafenia Papavissarion
Master Studentin
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Yiwei Qi
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Nadja Stöffler
Technische Angestellte
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Dr. Weili Tian
PostDoc
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Yue Zhuo
Doktorand
Ausgewählte Publikationen
Wang, C. ; Sun, M. ; Shao, C. ; Schlicker, L. ; Zhuo, Y. ; Harim, Y. ; Peng, T. ; Tian, W. ; Stöffler, N. ; Schneider, M. ; Helm, D. ; Chu, Y. ; Fu, B. ; Jin, X. ; Mallm, J.-P. ; Mall, M. ; Wu, Y. ; Schulze, A. ; Liu, H.
Alle Publikationen
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Ausgewählte Auszeichnungen und Preise
- ERC (European Research Council) Consolidator Award für Hai-Kun. DKFZ Pressemitteilung
- Hai-Kun erhält den Chica und Heinz Schaller Förderpreis 2015 von der C.H.S.- Stiftung (Chica und Heinz Schaller -Stiftung). DKFZ Pressemitteilung
- Hai-Kun bekommt den ersten DKFZ Alumnipreis für internationale Wissenschaftler.
- Hai-Kun wurde als Teilnehmer des EMBO Young Investigator Programms 2014 ausgewählt.
- ISSCR travel award für Zhe
- Bestes Photo beim Bilder Wettbewerb der DKFZ Doktoranden für Gözde
- ISSCR travel award für Weijun
- Helmholtz-Nachwuchsförderpreis für Hai-Kun, Förderpreis des Labors