Immundiversität

  • Immunologie, Infektion und Krebs

Prof. Dr. Nina Papavasiliou

Abteilungsleitung

Im Gegensatz zu den meisten anderen Zellen unseres Körpers verhalten sich die Zellen des Immunsystems nicht statisch. Sie bewegen sich innerhalb unterschiedlicher Umgebungen und müssen sich dabei ständig an ihr jeweiliges Umfeld anpassen. Diese Anpassungsfähigkeit basiert auf molekularen Mechanismen, die eine einzigartige Diversität hervorbringen. Ziel unserer Forschung ist es, die molekularen Prozesse hinter dieser phänotypischen Diversität der Immunzellen zu verstehen.

Unsere Forschung

Im Gegensatz zu den meisten anderen menschlichen Zellen, bewegen sich die Zellen des Immunsystems fortlaufend in den unterschiedlichsten Körperregionen und müssen sich daher auch ständig entsprechend neu anpassen. Diese Anpassungsfähigkeit beruht auf molekularen Mechanismen die eine solche Informationsvielfalt erzeugen, dass keine Immunzelle der anderen gleicht. Die Zellen des adaptiven Immunsystems (wie B- und T-Lymphozyten) unterscheiden sich jeweils genetisch von ihren Geschwistern, während sich bei den Zellen des angeborenen Immunsystems (wie z.B. Makrophagen) das Transkriptom unterscheiden. Insgesamt zielt unsere Forschung darauf ab, die molekularen Prozesse hinter dieser phänotypischen Vielfalt und somit auch die Grundlagen dieser Anpassungsfähigkeit zu verstehen.

Aus der großen Zahl von Enzymen, von denen bekannt ist, dass sie RNA- oder DNA-Basen durch Hinzufügen (oder Entfernen) bestimmter chemischer Gruppen verändern, haben wir drei Klassen ausgewählt.

(1) Wir untersuchen AID/APOBEC-Proteine, die in der RNA (oder DNA) Cytosin (C) zu Uridin (U) deaminieren, um Uracil (U) zu erhalten. Manche Mitglieder dieser Proteinfamilie sind hochgradig substratspezifisch (AID mutiert z.B. nur DNA); andere eher unspezifisch (APOBEC1 deaminiert z.B. sowohl RNA als auch DNA). Wieder andere wie APOBEC2 binden scheinbar nur DNA – lösen aber trotz geeignetem katalytischen Zentrum keine Deaminierung aus.

(2) Wir analysieren ADAR-Proteine, die in der RNA Adenosin (A) zu Inosin (I) deaminieren. Dadurch wollen wir ihren Beitrag zur Informationsvielfalt in Zellen verstehen und erfahren, warum die Deregulierung dieser Proteine in fast allen untersuchten Gewebetypen zur Onkogenese führt.

(3) Wir beginnen auch mit der Untersuchung von Enzymen, die an der RNA-Methylierung beteiligt sind. Wir möchten das Wechselspiel zwischen Methylierung und Deaminierung anhand derselben Base (z.B. Adenosin) verstehen und herausfinden, welche Rolle es für die Diversität von Immunzellen spielt.

Im Rahmen eines Bottom-up-Ansatzes untersuchen wir die molekularen Mechanismen und biologischen Wirkungen dieser Enzyme auf zellulärer Ebene. So untersuchen wir beispielsweise, wie sich der Verlust einzelner RNA-Modifikationsenzyme auf die zelluläre Differenzierung auswirkt und wie die Überexpression von Enzymen zur Onkogenese führen kann. Langfristig möchten wir verstehen, in welcher Form eine Reihe von Modifikationen das Schicksal eines einzelnen Transkripts bestimmen (seine Lage, seine Halbwertszeit und seine Translationseffizienz). Wir arbeiten dabei auch mit Mathematikern zusammen, um neue Algorithmen dafür zu entwickeln. Schließlich behalten wir immer auch die Translation unserer Forschungsergebnisse im Auge. Wir nutzen zum Beispiel (a) gezieltes RNA-Editing (mittels endogener ADAR) um HLA-präsentierende Zellen in Neoepitope (oder „Editope“) umzuwandeln und dadurch die Immunerkennung (z.B. von Tumoren) zu verstärken. Außerdem (b) arbeiten wir mit Kooperationspartnern an der Entwicklung neuartiger fusogener Proteine, die als Transportpartikel zum gezielten Austausch mit ganz bestimmten Zellen dienen.

Wir untersuchen Zellvielfalt auch auf Protein-Ebene. Dabei nutzen wir einen einzelligen Parasiten mit einer einzigartigen Fähigkeit als Modell-Organismus – Trypanosoma brucei, den Erreger der afrikanischen Schlafkrankheit. Die Hülle von Trypanosoma brucei ist extrem dicht besetzt von Millionen Kopien eines veränderlichen Proteins (dem „Variant Surface Glycoprotein“, oder VSG) und erzeugt damit eine starke, fokussierte Immunantwort. Der Parasit selbst entzieht sich der dadurch ausgelösten Antikörperreaktion des Immunsystems allerdings sehr effektiv, in dem er seine Proteinhülle einfach „erneuert“ (indem das VSG oder Teile davon verändert werden). Wir untersuchen in unserer Abteilung die biophysikalischen Merkmale und Funktionsweisen dieser veränderlichen Proteinhülle und setzen dabei Antikörper-Repertoire-Analysen und strukturelle Untersuchungsmethoden ein. Unser Ziel besteht darin, die Mechanismen und Wechselwirkungen zwischen der Antikörperreaktion und der als antigene Struktur wirkenden Proteinhülle zu verstehen, die sich jeweils verändern, aneinander anpassen und aufeinander reagieren, und die sich im Laufe ihrer Evolution ständig gegenseitig beeinflussen. Gleichzeitig nutzen wir die ersten Erkenntnisse die wir aus diesem System gewonnen haben, um bessere Immunogene (VAST) mit hohem Translationspotenzial zu entwickeln.

Forschungsteams

Schematic of our research on the identification, induction and detection of RNA modifications

Team “RNA Editierung und Modifikationen”

Teamtleiter: Dr. Riccardo Pecori

Teammitglieder: Annette Arnold, Dr. Beatrice Casati, Dr. Salvatore Di Giorgio, Valerie Griesche, Eliana Patricelli, Laura Pezzella

 

Beschreibung der Forschung

RNA-Moleküle durchlaufen verschiedene Verarbeitungsprozesse, die genomische Information diversifizieren, einschließlich Modifikationen einzelner Basen. Eine Fehlregulierung dieser Prozesse steht im Zusammenhangmit zahlreichen Krankheiten.

Unser Team „RNA Editing and Modifications“ untersucht diese Vorgänge. Unser derzeitiger Schwerpunkt liegt auf der RNA-Desaminierung durch die Enzyme ADAR1 und APOBEC1 sowie auf der RNA-Methylierung durch METTL3. In unserer Arbeit erforschen wir die Rolle dieser Enzyme (und der von ihnen katalysierten Modifikationen) in Physiologie und Pathophysiologie mit besonderem Schwerpunkt auf dem Immunsystem.

Wir untersuchen zum Beispiel, wie die Adenosin-Desaminierung die Entwicklungsprozesse von Makrophagen beeinflusst und wie sich der Verlust von ADAR1 auf die Adenosin-Methylierung (m6A-Level) auswirkt. Wir erforschen dies auf der Sequenzebene (unter Verwendung neuartiger Nanopore-Sequenzierungspipelines in Zusammenarbeit mit Terry Lyons in Oxford und Tessy Papavasiliou in Warwick), auf der Ebene der Transkriptverarbeitung (in Zusammenarbeit mit Georg Stoecklin an der Universität Heidelberg) und auf der Ebene der Zelle und der Entscheidungen, die sie treffen kann und die vom richtigen „Lesen“ dieser Modifikationen abhängen.

Wir untersuchen auch die ADAR1 vermittelte Desaminierung, insbesonders, wie ADAR1 durch spezialisierte Guide-RNAs (ADAR1-Engager) rekrutiert werden kann, um Veränderungen in bestimmten, für uns interessanten Transkripten zu erzeugen. Ein aktuelles Beispiel ist der Einsatz neuartiger Präzisionswerkzeuge, mit denen endogenes ADAR1 mit hoher Effizienz in Regionen von Transkripten rekrutiert wird, die für HLA-präsentierte Peptide kodieren, und diese Peptide so verändert werden, dass sie immunogen werden (d. h. von T-Zellen „entdeckt“ werden können). Dieser Ansatz birgt ein beträchtliches therapeutisches Potenzial, das wir von der mechanistischen Ebene (Generierung neuartiger Guide-RNAs) bis hin zur Ebene des Organismus (präklinische Studien zur Tumorabstoßung nach Verabreichung von ADAR1-Engagern) nutzen.

Im weiteren Sinne nutzen wir das Wissen, das wir bei der Untersuchung von RNA-Modifikationen im Kontext der Zelle gewonnen haben, zur Entwicklung von Spitzentechnologien für den präzisen Nachweis und die Manipulation von RNA auf Ebene einzelner Nukleotide. Gemeinsam entwickeln und implementieren wir fortschrittliche Strategien für den schnellen und genauen Nachweis und die Quantifizierung von RNA-Modifikationen in verschiedenen Datentypen, um ein tieferes Verständnis der Onkogenese und der Immunreaktionen zu erlangen, aber auch den Weg für neue therapeutische Strategien zu ebnen.

Förderungen

  • 2022, DFG GRK2727 "ImCheck" (Projekt A1.2)
  • 2022, Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG, German Research Foundation) project number 439669440 TRR319 RMaP TP 04 awarded to F.N.P.
  • 2021, HI-TRON Kick-Start Seed Funding Program 2021 awarded to Dr. Pecori and Prof. Dr. Tenzer (University Medical Center Mainz).
  • 2020, Ministry of Science, Research and the Arts of Baden-Württemberg for COVID-19 research (grant agreement no. Kap. 1499 TG 93 to Dr. Pecori, Prof. Dr. Papavasiliou and Prof. Dr. Miethke (Medical Faculty of Mannheim)).
  • 2020, European Research Council award (ERC PoC "EpiMODkit") to Prof. Dr. Papavasiliou.

Partnerschaften

  • Prof. Dr. med. Michael Platten (DKFZ)
  • Prof. Dr. Rienk Offringa (DKFZ)
  • Dr. Rafael Carretero (DKFZ)
  • Prof. Dr. Mark Helm (Uni Mainz)
  • Prof. Dr. Rocio Sotillo (DKFZ)
  • Prof. Dr. Georg Stoecklin (Uni Heidelberg)
  • Prof. Dr. Stefan Tenzer (University Medical Center Mainz)
  • Prof. Dr. Terry Lyons (University of Oxford)
  • Prof. Dr. Tessy Papavasiliou (University of Warwick)
  • Prof. Dr. Thomas Miethke (Medical Faculty of Mannheim)
  • Prof. Dr. Thorsten Stafforst (University Hospital Tübingen)
  • Prof. Dr. Qiang Pan-Hammarström (Karolinska Institutet)

Publikationen

  • Latifi, et al. Precise and efficient C-to-U RNA base editing with SNAP-CDAR-S. Nucleic Acids Research, 2023.
  • Casati, et al. Tumor warm-up: RNA editing boosts tumor immunogenicity. BioRxiv, 2023.
  • Pecori, et al. ADAR1-mediated RNA editing promotes B cell lymphomagenesis. Science, 2023.
  • Pecori, et al. ADAR RNA editing on antisense RNAs results in apparent U-to-C base changes on overlapping sense transcripts. Front. Cell Dev. Biol., 2023.
  • Casati, et al. Rapid, adaptable and sensitive Cas13-based COVID-19 diagnostics using ADESSO. Nature Communications, 2022.
  • Pecori, et al. Functions and consequences of AID/APOBEC-mediated DNA and RNA deamination. Review, Nature Reviews Genetics, 2022.
  • Stroppel, et al. Harnessing self-labeling enzymes for selective and concurrent A-to-I and C-to-U RNA base editing. Nucleic Acids Research, 2021.
  • Kluesner, et al. MultiEditR: The first tool for the detection and quantification of RNA editing from Sanger sequencing demonstrates comparable fidelity to RNA-seq. Molecular Therapy Nucleic Acids, 2021.
  • Casati, et al. ADAR-mediated RNA editing and its therapeutic potentials. RNA Technologies, Book Chapter, Springer Series, Vol. 11, 2021.
  • Lerner, et al. C-to- U RNA editing: from computational detection to experimental validation. Book Chapter, Methods in Molecular Biology, 2021.
  • Pecori, Papavasiliou. It takes two (and some distance) to tango: how ADARs join to edit RNA. News & Views, Nature Structural Molecular Biology, 2020.
  • Tasakis, et al. ADAR1 can drive Multiple Myeloma progression by acting both as an RNA editor of specific transcripts and as a DNA mutator of their cognate genes. BioRxiv, 2020.
  • Lerner, et al. RNA Editors, Cofactors, and mRNA Targets: An Overview of the C-to-U RNA Editing Machinery and Its Implication in Human Disease. Review, Genes, 2019.

Mitarbeiter

22 Mitarbeiter:innen

  • Prof. Dr. Nina Papavasiliou

    Abteilungsleitung

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  • Portrait of Elias Amro

    Dr. Elias Amro

    Teamleiter "Desaminasen und Lymphozytenschicksalbestimmung"

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  • Christoph Tim Pufall

    Administrative Assistant

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  • Annette Arnold

    Technische Assistentin

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  • Portrait of Beatrice Casati

    Dr. Beatrice Casati

    Postdoctoral researcher

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  • Dr. Monica Chandra

    Postdoctoral researcher

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  • Dr. Salvatore Di Giorgio

    Postdoctoral researcher

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  • Anastasia Gkeka

    Postdoctoral researcher

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  • Christos Gkougkousis

    Doctoral researcher

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  • Portrait of Valerie Griesche

    Valerie Griesche

    Doctoral researcher

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  • Nataliia Kashpur

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  • Seneca Kinn-Gurzo

    Doctoral researcher

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  • Dr. Jose Paulo Lorenzo

    Postdoctoral researcher

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  • Dr. Alaa Abdelghani Mohamed Madi

    Postdoctoral researcher

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  • Eleftheria Papamanoglou

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  • Eliana Patricelli

    Doctoral researcher

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  • Dr. Riccardo Pecori

    Stellvertretende Leitung und Teamtleiter "RNA Editierung und Modifikationen"

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  • Laura Pezzella

    Doctoral researcher

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  • Sandra Ruf

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  • Dr. Eirini Sidiropoulou

    Postdoctoral researcher

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  • Portrait of Katerina Spyridopoulou

    Dr. Aikaterini Spyridopoulou

    Teamleiterin "T. brucei-abgeleitete Instrumente: NanoVAST"

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  • Dr. Joseph Peter Verdi

    Teamleiter "T. brucei-abgeleitete Instrumente: VAST und die Entwicklung von Antikörpern als Therapeutika"

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Gesamtes Team

Alumni

Menschen kommen und gehen in der Wissenschaft. Das ist auch Teil der Forschung. In unserem Team auch haben viele Leute seit der Gründung der Forschungsgruppe im Jahr 2016 zusammengearbeitet. Sie alle haben geholfen, in unseren Foschungsprojekten wichtige Forrtschritte zu machen. Hier sind alle Personen aufgelistet, die mit uns gearbeitet haben (in Klammern die ehemalige Funktion innerhalb unserer Gruppe).

Ausgewählte Publikationen

2024 - Proceedings of the National Academy of Sciences
2023 - iScience
2023 - Cell Reports
2023 - Cell Reports
2022 - Nature Communications
2022 - Nature Reviews Genetics
2021 - Cell Reports
2021 - Epitranscriptomics. RNA Technologies, vol 12. Springer
2021 - Molecular Therapy Nucleic Acids

Kontaktieren Sie uns

Zwei Wissenschafter schauen auf den Monitor eines Computers
Prof. Dr. Nina Papavasiliou
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