Wenn Berufstätige ihre krebskranken Angehörigen pflegen
Wird ein Familienmitglied oder der Partner aufgrund einer Krebserkrankung pflegebedürftig, haben viele Angehörige den Wunsch, die Versorgung selbst zu übernehmen. 2015 wurden rund 48 Prozent aller Pflegebedürftigen, also 1,38 Millionen Menschen, allein von ihren Angehörigen gepflegt. Wer neben der Pflege berufstätig ist, kann schnell an seine Belastungsgrenzen kommen. Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums informiert Betroffene auch zum Thema Pflege und vermittelt Adressen und Ansprechpartner für eine kompetente Pflegeberatung.
Gesetzliche Regelungen - was heißt das für die Praxis?
Schon heute pflegt jeder zehnte Arbeitnehmer einen nahestehenden Angehörigen, mit steigender Tendenz. Die langfristige Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist daher für viele ein Thema - auch für Angehörige von Krebspatienten. Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes, dazu: "Die Belastungen für pflegende Angehörige, die voll im Beruf stehen, sind enorm - nicht nur physisch, sondern auch psychisch." Mit dem Pflegezeit- und dem Familienpflegezeitgesetz wurden in den letzten Jahren rechtliche Regelungen eingeführt, um die Situation für pflegende Beschäftigte unter bestimmten Voraussetzungen zu verbessern. Viele fragen sich aber: Was heißt das im Ernstfall und unter welchen Bedingungen greifen die Regelungen? Weg-Remers: "Wir beobachten, dass rechtliche Themen und Anfragen zu kompetenten Ansprechpartnern stetig zunehmen. Offenbar gibt es viel Unsicherheit." Unter 0800-420 30 40 und krebsinformationsdienst@dkfz.de bietet der Krebsinformationsdienst Patienten und Angehörigen gleichermaßen Rat und Unterstützung.
Typisches Szenario
Manche Krebserkrankungen können zu intensiven körperlichen Beeinträchtigungen führen: Bösartige Hirntumoren beispielsweise, die auch in vergleichsweise jungen Lebensjahren auftreten, können plötzliche Lähmungserscheinungen verursachen. Sind Eltern kleiner Kinder betroffen, so sieht sich die Familie auch mit drängenden organisatorischen Problemen konfrontiert. Wie lässt sich kurzfristig die Pflege organisieren, sobald der Kranke nach Hause kommt? Kann der berufstätige Ehepartner zumindest für die ersten Tage der Arbeit fernblieben? Wie lassen sich Pflege, Beruf und die Kinder miteinander in Einklang bringen? Und wenn es langfristig nicht besser wird, muss der Ehepartner seine Stelle kündigen?
Kurzzeitige Freistellung bis zu zehn Arbeitstagen
Der berufstätige Ehepartner hat das Recht, in einer akut aufgetretenen Pflegesituation bis zu zehn Arbeitstage zu Hause zu bleiben, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder die pflegerische Versorgung in dieser Zeit selbst sicherzustellen. Voraussetzung für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung ist eine Mitteilung an den Arbeitgeber über die voraussichtliche Dauer der Fehlzeit. Es kann sein, dass der Arbeitgeber darüber hinaus eine ärztliche Bescheinigung verlangt. Die zulässigen zehn Arbeitstage können sich Familienangehörige auch teilen. Die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber geschieht auf freiwilliger Basis. Wenn der Arbeitgeber nicht zahlt, kann für die kurzzeitige Freistellung als Lohnersatzleistung bei der Pflegeversicherung das Pflegeunterstützungsgeld beantragt werden.
Freistellung bis zu sechs Monaten
Macht der Verlauf der Erkrankung eine langfristige Pflege notwendig, so kann ein berufstätiger Ehepartner vom Arbeitgeber vollständig oder teilweise bis zu maximal sechs Monaten freigestellt werden. Voraussetzungen für einen Anspruch auf diese Maßnahme: Der Arbeitgeber verfügt über mindestens 16 Beschäftigte und die Pflegebedürftigkeit des Betroffenen/ des Krebspatienten wird vom medizinischen Dienst der Krankenkassen oder der Pflegekasse bestätigt. Wichtig ist außerdem die schriftliche Ankündigung dieser Pflegezeit zehn Tage vor ihrem Beginn, inklusive Nennung des Zeitraums und des Stundenumfangs. Die Details der Teilzeitarbeit müssen dann in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber fixiert werden.
Stundenreduzierung für maximal zwei Jahre
Alternativ oder im Anschluss daran kann die wöchentliche Arbeitszeit des berufstätigen Ehepartners für die Dauer von insgesamt maximal 24 Monaten auf einen Mindestumfang von 15 Stunden pro Woche reduziert werden. Die Stundenzahl soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer trotz seines Pflegeengagements auch unter sozialen Aspekten weiterhin am Arbeitsleben teilhaben und seine beruflichen Fähigkeiten auf einem hohen Niveau halten kann. Die Inanspruchnahme der Stundenreduzierung muss acht Wochen im Vorfeld angekündigt werden. Auch hier ist eine schriftliche Vereinbarung über Details der Teilzeit erforderlich.
In der letzten Lebensphase
Wenn sich die Erkrankung verschlimmert und nicht mehr aufgehalten werden kann, entscheiden sich viele Angehörige für die Begleitung des Kranken in der letzten Lebensphase. In diesen Fällen ist eine vollständige oder teilweise Freistellung von bis zu drei Monaten möglich. Übrigens muss der Angehörige für eine Inanspruchnahme nicht zu Hause gepflegt werden, die Betreuung kann ebenso in Hospizen, Pflegeheimen oder auf Palliativstationen erfolgen.
Gut zu wissen: Maximal 24 Monate und Kündigungsschutz
Alle Formen der Freistellung und Arbeitszeitreduzierung können frei miteinander kombiniert werden, insgesamt darf der zeitliche Umfang von 24 Monaten aber nicht überschritten werden. Abgesehen von besonderen Fällen darf der Arbeitgeber den berufstätigen Ehepartner vom Zeitpunkt der Ankündigung (höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn der Stundenreduzierung oder der Freistellung) bis zur Beendigung dieser Zeit nicht kündigen. Dies gilt unabhängig vom zeitlichen Umfang der Freistellung, also zehn Tage, sechs oder 24 Monate - für die Pflegenden eine große Erleichterung in dieser belastenden Zeit.
Finanzielle Unterstützung
Um ihrem Bedürfnis nach finanzieller Absicherung entgegenzukommen, können pflegende Angehörige für die Zeit der Freistellung oder der Stundenreduzierung ein zinsloses Darlehen beantragen, das vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben bewilligt wird (https://www.bafza.de/aufgaben/alter-und-pflege/familienpflegezeit).
Links und Adressen
Grundsätzlich ist es ratsam, sich umfassend zu informieren und das offene Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Denn neben den gesetzlichen Regelungen werden häufig auch individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen, die dann unter Umständen noch besser auf die persönliche Situation abgestimmt sind. Adressen und Links zu kompetenten Anlaufstellen sind auf den Seiten des Krebsinformationsdienstes unter https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/pflege/krankenpflege-adressen.php zu finden. Neben den Kliniksozialdiensten erteilen auch die Pflegekassen der Krankenkassen Auskunft. Die Website www.wege-zur-pflege.de des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bietet schnelle Hilfe und umfassende Informationen für pflegende Angehörige. Das Pflegetelefon des Familienministeriums ist erreichbar unter 030-20179131. Auch die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) bietet individuelle Beratung zu sozialrechtlichen Fragen an (https://www.patientenberatung.de/de/beratung). Das Zentrum für Qualität und Pflege stellt unter https://bdb.zqp.de eine Suche nach Postleitzahlen für Pflegethemen zur Verfügung.
Eine Tabelle liegt unter folgendem Link zum Download bereit:
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Der Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums beantwortet alle Fragen rund um das Thema Krebs - am Telefon (0800-420 30 40), per E-Mail (krebsinformationsdienst@dkfz.de) sowie in persönlichen Sprechstunden in Heidelberg und Dresden. Das geschulte Ärzteteam geht mit fundierten fachlichen Informationen auf individuelle Fragen ein. Die Internetseite www.krebsinformationsdienst.de liefert aktuelles Wissen, nützliche Tipps und Adressen. Mit eigener Telefonnummer (0800-430 40 50) und E-Mail-Adresse (kid.med@dkfz.de) ist der KID auch Anlaufstelle für medizinische Fachkreise. Der Krebsinformationsdienst ist ein kostenfreies Angebot des Deutschen Krebsforschungszentrums. Er kann daher unabhängig informieren, frei von Interessenkonflikten und ohne Werbung.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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