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Neu entdeckter Mechanismus der T-Zell-Kontrolle kann Krebs-Immuntherapien beeinträchtigen

Nr. 25 | 03.05.2024 | von Koh

Tragen aktivierte T-Zellen ein bestimmtes Markerprotein auf ihrer Oberfläche, so werden sie von natürlichen Killerzellen (NK)-Zellen, einer weiteren Zellart des Immunsystems, in Schach gehalten. Damit verhindert der Körper vermutlich, dass zerstörerische Immunreaktionen „überschießen". Dies entdeckten Forschende vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und von der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) und zeigten: NK-Zellen können auf diese Weise auch die Wirkung von Krebstherapien mit Immun-Checkpoint Inhibitoren (ICI) beeinträchtigen und bei zellulären Immuntherapien für den raschen Rückgang von therapeutischen CAR-T-Zellen verantwortlich sein. Durch Eingriffe in diesen neu entdeckten Mechanismus lässt sich möglicherweise die Wirksamkeit von CAR-T-Zell-Therapien verbessern.

© Adobe Stock

Die T-Zellen des Immunsystems sind die Hauptakteure bei der Abwehr von Virusinfekten und Tumorzellen. Auf der anderen Seite aber greifen sie bei Autoimmunreaktionen körpereigene gesunde Gewebe an, was sogar tödlich verlaufen kann. Daher muss der Körper die Aktivität der T-Zellen streng an die Kandare nehmen.

Eine Vielzahl von Molekülen und Botenstoffen ist an der hochkomplexen Regulation der T-Zell-Aktivität beteiligt. Erst vor kurzem entdeckten Forschende, dass auch eine weitere Gruppe von Immunzellen die Kontrolle der T-Zell-Aktivität beeinflusst. Die Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) zählen zur angeborenen Immunität, also zur schnellen Eingreiftruppe, die infizierte oder bösartig veränderte Zellen rasch aufspürt und eliminiert.

„Studien haben gezeigt, dass NK-Zellen auch aktivierte T-Zellen abtöten und so deren Vermehrung begrenzen können", sagt Michael Platten, Abteilungsleiter am DKFZ und Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Mannheim. „Wir wussten allerdings bislang nicht, durch welches Merkmal sich T-Zellen als Ziel für die NK-Zelle zu erkennen geben."

Beim Screening aktivierter T-Zellen gesunder Spender identifizierte das Team um Platten in einer aktuellen Studie das Protein B7H6 als Erkennungsmolekül für die NK-Zell-Attacken. Aktivierte T-Zellen aus dem Blut von Patienten mit Autoimmunerkrankungen, Krebs oder Virusinfekten tragen große Mengen B7H6 auf ihrer Oberfläche. Ko-Kultur-Experimente in der Kulturschale belegten, dass NK-Zellen die aktivierten T-Zellen anhand ihrer B7H6-Expression erkennen. T-Zellen dagegen, deren B7H6-Gen mit der Genschere CRISPR-Cas zerstört wurde, waren vor dem tödlichen Angriff der NK-Zellen geschützt.

„Die Eliminierung von T-Zellen durch NK-Zellen wird durch einen intrinsischen Mechanismus der T-Zellen ausgelöst. Die aktivierten T-Zellen geben sich zeitweise als Ziele für die NK-bedingte Zell-Lyse zu erkennen", erklärt Michael Kilian, Erstautor der Publikation, und ergänzt: „So wird möglicherweise eine übermäßige Aktivierung und Ausbreitung von T-Zellen begrenzt, als Kontrollmechanismus, um zerstörerische Immunreaktionen einzudämmen."

NK-Zellen heben Wirkung von Therapien mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren auf
„Wir kennen inzwischen eine Reihe so genannter Checkpoint-Moleküle, die die Aktivierung von T-Zellen drosseln oder steigern und damit den Verlauf von Immunreaktionen modulieren. B7H6 können wir nun als einen weiteren hemmenden Immun-Checkpoint auf T-Zellen einordnen", erläutert Studienleiter Platten.

Einige der hemmenden Checkpoint-Moleküle werden als Angriffspunkte für die verbreiteten Krebstherapien mit Medikamenten der Gruppe der Checkpoint-Inhibitoren (ICI) genutzt. Sie aktivieren das Immunsystem gegen den Tumor, indem sie gewissermaßen die Immun-Bremsen lösen. Könnten die von B7H6 vermittelte Eliminierung der tumorreaktiven T-Zellen möglicherweise die Wirkung einer ICI-Krebsimmuntherapie konterkarieren? Das prüften die Forschenden an Gewebeproben von Patienten mit Speiseröhrenkrebs, die eine ICI-Therapie erhalten hatten. Diejenigen Erkrankten, die nicht auf die ICI angesprochen hatten, wiesen eine höhere Anzahl von NK-Zellen im Tumorgewebe auf und hatten tatsächlich eine geringere progressionsfreie Überlebenszeit.

Zelluläre Immuntherapie wirksamer in Abwesenheit von NK-Zellen
Zelluläre Immuntherapien gewinnen in der Krebsmedizin zunehmend an Bedeutung. So werden bestimmte Formen von Blutkrebs heute oft mit so genannten CAR-T-Zellen behandelt, die mit maßgeschneiderten Rezeptoren gegen den Krebs ausgestattet sind. Häufig jedoch ist der Therapieerfolg begrenzt, da die Anzahl der therapeutischen Zellen im Körper des Patienten schnell schwindet.

Auch die therapeutischen CAR-T-Zellen tragen B7H6 auf der Zelloberfläche. Könnten NK-Zellen dafür verantwortlich sein, dass ihre Anzahl nach Therapiebeginn so rasch zurückgeht? Experimente mit einem humanisierten Mausmodell legen dies nahe: Wurden bei der CAR-T-Zell-Behandlung einer Leukämie NK-Zellen zugesetzt, so sank die Zahl der therapeutischen Zellen, die Tumorlast stieg dagegen.

„Die NK-Kontrolle der T-Zellen hat das Potenzial, verschiedene Formen der Krebs-Immuntherapie zu beeinträchtigen. Durch gezieltes Eingreifen in diesen Prozess könnte es in Zukunft möglicherweise gelingen, T-Zell-Immunantworten zu modulieren", erläutert Studienleiter Michael Platten. Mit Hilfe der Genschere CRISPR-Cas wollen die Forschenden nun in einer klinischen Studie gemeinsam mit der Klinik für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Heidelberg gezielt CAR-T-Zellen vor der Elimination durch NK-Zellen schützen und so die Wirksamkeit der zellulären Immuntherapie verbessern.

M. Kilian et al.: The immunoglobulin superfamiliy ligand B7H6 subjects T cell responses to NK cell surveillance. Science Immunology 2024, DOI: 10.1126/sciimmunol.adj7970

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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