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KI-basierte Unterstützung für die Hautkrebsdiagnostik erklärt ihre Entscheidungen

Nr. 04 | 17.01.2024 | von Koh

Künstliche Intelligenz (KI) kann Hautärzte dabei unterstützen, Hautkrebs zu erkennen. Doch viele Dermatologen misstrauen den für sie nicht nachvollziehbaren Entscheidungen der Algorithmen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum entwickelten nun ein KI-basiertes Unterstützungssystem für die Hautkrebsdiagnostik, das seine Entscheidungen erklärt. Dabei verwendet das System etablierte Diagnose-Merkmale, die sich auf bestimmte Bereiche der verdächtigen Läsionen beziehen. Die Erklärungen steigerten das Vertrauen der Mediziner in die Entscheidungen der Maschine – sowie auch in ihre eigenen Diagnosen.

Studienleiter Titus Brinker demonstriert Minister Karl Lauterbach das KI-Dermatoskop im November 2023.
© Anspach/DKFZ

Das Melanom ist weltweit für die meisten hautkrebsbedingten Todesfälle verantwortlich. Melanome im Frühstadium sind jedoch nur schwer von anderen Hauttumoren zu unterscheiden. Jüngste Fortschritte im Bereich der auf künstlicher Intelligenz basierenden Diagnose-Unterstützungssysteme können Hautärzten helfen, Melanome und Muttermale genauer zu diagnostizieren, wenn ihnen digitalisierte Bilder verdächtiger Läsionen gezeigt werden.

Ärztinnen und Ärzte wollen aber verstehen, welche Merkmale das Ergebnis eines KI-Systems bestimmt. „Die letztendliche Verantwortung für eine Diagnose liegt beim Kliniker. Deshalb sind Dermatologen berechtigterweise vorsichtig, KI-basierte Systeme einzusetzen, ohne deren Entscheidungen nachvollziehen zu können", sagt Titus Brinker, Hautarzt und Wissenschaftler am DKFZ. Doch die Systeme neigen dazu, alle korrelierten Merkmale in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen, einschließlich der Scheinkorrelationen.

„Unser Ziel war es daher, ein Unterstützungssystem zu entwickeln, das auf die Sichtweise von Dermatologen bei der Melanomdiagnose abgestimmt ist und seine Entscheidungsfindung erklärt", so Brinker. „In Anlehnung an frühere Arbeiten haben wir unsere erklärbare KI (XAI = explainable artificial intelligence) so entwickelt, dass sie Dermatologen-ähnliche Erklärungen liefert, die sich auf die Merkmale bestimmter, einzelner Zonen der Läsion beziehen."

Das Team um Brinker untersuchte in einer dreiphasigen Studie die Auswirkungen auf die diagnostische Genauigkeit, die diagnostische Sicherheit und das Vertrauen der Dermatologen in das erklärende System. Die Forschenden wollten außerdem wissen, welche Faktoren das Vertrauen der Ärzte in diese Technik fördern.

An der Untersuchung beteiligten sich über hundert Dermatologen aus 33 verschiedenen Ländern. Die Ärztinnen und Ärzte diagnostizierten ein Testpanel an digitalisierten Aufnahmen verschiedener Läsionen dreimal – allein auf der Basis ihrer Erfahrung, mit Unterstützung eines herkömmlichen KI-Systems und mit der XAI.

Wie bereits in früheren Studien dokumentiert, steigerte die Nutzung eines KI-Systems die diagnostische Genauigkeit bei der Erkennung von Melanomen, die jedoch durch den Einsatz der XAI nicht weiter gesteigert werden konnte. Auch das Vertrauen der Dermatologen in die eigene Entscheidung verbesserte sich unter KI-Unterstützung – und stieg beim Einsatz des XAI-Systems noch einmal deutlich an. Besonderes Zutrauen zur eigenen Diagnose hatten die Mediziner dann, wenn ihre Entscheidungskriterien mit den von der XAI aufgeführten Kriterien weitgehend übereinstimmten.

Die Ergebnisse veranschaulichen, dass die XAI die Diagnosesicherheit von Klinikern verbessern kann und das Potenzial hat, die Akzeptanz der Mediziner für den Einsatz von KI-Methoden zu steigern", erklärt Studienleiter Titus Brinker und fügt hinzu: „Die europäische Datenschutzgrundverordnung verlangt, dass alle algorithmusbasierten Entscheidungen für die Endnutzer interpretierbar sein müssen. Unsere Arbeit ist ein wichtiger erster Schritt zur Schließung der Interpretationslücke."

Tirtha Chanda, Katja Hauser, Sarah Hobelsberger, Tabea-Clara Buche, Carina Nogueira Garcia, Christoph Wies, Harald Kittler, Philipp Tschandl, Cristian Navarrete-Dechent, Sebastian Podlipnik, Emmanouil Chousakos, Iva Crnaric, Jovana Majstorovic, Linda Alhajwan, Tanya Foreman, Sandra Peternel, Sergei Sarap, İrem Özdemir, Raymond L. Barnhill, Mar Llamas Velasco, Gabriela Poch, Sören Korsing, Wiebke Sondermann, Frank Friedrich Gellrich, Markus V. Heppt, Michael Erdmann, Sebastian Haferkamp, Konstantin Drexler, Matthias Goebeler, Bastian Schilling, Jochen S. Utikal, Kamran Ghoreschi, Stefan Fröhling, Eva Krieghoff-Henning, Titus J. Brinker: Dermatologist-like explainable AI enhances trust and confidence in diagnosing melanoma.
Nature Communications 2024, DOI: 10.1038/s41467-023-43095-4
https://www.nature.com/articles/s41467-023-43095-4 

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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