Politische Einflussnahme der Tabakindustrie alarmierend: Schlechte Noten für Deutschland im internationalen Vergleich
Deutschlands Maßnahmen gegen den Einfluss der Tabakindustrie auf gesundheitspolitische Entscheidungen sind unzureichend. Das zeigt der dritte Index zur Einflussnahme der Tabakindustrie in Deutschland, den das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) am 14.11. veröffentlicht hat.
Mehr als 20 weitere Gesundheits- und zivilgesellschaftliche Organisationen zeichnen den Tabaklobby-Index mit. Deutschlands Werte haben sich im Vergleich zu den Vorjahren weiter verschlechtert – von 63 negativen Punkten im Jahr 2020 über 68 Punkte im Jahr 2021 auf 70 Punkte in diesem Jahr. Deutschland steht nun international auf Platz 67 von 90 untersuchten Staaten.
Nach wir vor sterben in Deutschland jedes Jahr etwa 127.000 Menschen durch die abhängig und krankmachenden, oft tödlichen Produkte und Praktiken der Tabakindustrie. Entscheidende Bereiche wie Tabakbesteuerung, Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring sowie Verfügbarkeit der Tabakprodukte sind nach wie vor unzureichend reguliert.
„Die Regierung zeigt keine Bereitschaft, eine wirksame Firewall gegen den Einfluss der Tabakindustrie zu errichten und damit die Bevölkerung vor den gesundheitsschädlichen Produkten und Praktiken der Tabakindustrie zu schützen‟, kommentiert Laura Graen, federführende Autorin des Tabaklobby-Index und Mitarbeiterin der Stabsstelle Krebsprävention am DKFZ. Das steht internationalen Vereinbarungen entgegen, denn Deutschland hat bereits 2004 das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (WHO FCTC) ratifiziert, das dazu verpflichtet, gesundheitspolitische Entscheidungen vor dem Einfluss der Tabakindustrie zu schützen (Artikel 5.3 des Abkommens).
Auf 40 Seiten zeigt der Tabaklobby-Index, in welcher Form und in welchem Ausmaß die Tabakindustrie Einfluss auf politische Entscheidungsträger in Deutschland nimmt. Die Zielgruppen für diese Einflussnahme reichen von der Referatsebene bis hin zum Bundespräsidenten. Mindestens 90 Lobbyistinnen und Lobbyisten und ein Budget von mehr als sechs Millionen Euro pro Jahr ermöglichen es der finanzstarken Tabakindustrie, sich in die Politikgestaltung einzumischen und ihre Interessen zu verfolgen.
Es gibt keinen Verhaltenskodex, der Staatsbediensteten Standards für ihre Interaktionen mit der Tabakindustrie vorgibt. Kontakte mit der Tabakindustrie sind weitgehend intransparent, und das Sponsoring politischer Parteien und öffentlicher Einrichtungen durch die Tabakindustrie ist nach wie vor zulässig.
Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung eine umfassende nationale Tabakkontrollstrategie mit dem Ziel eines tabakfreien Deutschlands im Jahr 2040 verabschiedet. Ein Konzept für ein Maßnahmenpaket liegt bereits vor. Im Jahr 2021 entwickelte eine Arbeitsgruppe von Fachleuten aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft die Strategie für ein tabakfreies Deutschland 2040, die von mehr als 50 Gesundheits- und zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt wird.
Weiterführende Informationen:
Index zur Einflussnahme der Tabakindustrie in Deutschland 2023 (Tabaklobby-Index): https://www.dkfz.de/de/krebspraevention/Downloads/pdf/Buecher_und_Berichte/2023_Index-Einflussnahme-Tabakindustrie-Deutschland.pdf
Globales Ranking: www.globaltobaccoindex.org
Strategie für ein tabakfreies Deutschland 2040: https://www.dkfz.de/de/krebspraevention/strategie-tabakfrei-2040.html
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
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