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Life Sciences Bridge Award für Lukas Bunse

Nr. 46c2 | 22.09.2023 | von Koh

Hirntumorzellen schalten die Immunabwehr in ihrer Umgebung geschickt aus. Wie sie das tun, hat Lukas Bunse am Beispiel bestimmter Hirntumoren entdeckt. Schon während seiner Studienzeit hat er einen therapeutischen Impfstoff mitentwickelt, der inzwischen die erste Phase der klinischen Prüfung bestanden hat. Mit seiner eigenen Forschungsgruppe am Deutschen Krebsforschungszentrum entwickelt Bunse jetzt eine Gentherapie gegen Hirntumoren. Dafür zeichnet die Aventis Foundation Lukas Bunse mit einem der beiden diesjährigen Life Sciences Bridge Awards 2023 aus.

Lukas Bunse
© Uwe Dettmar

Bösartige Hirntumoren stammen meist von Gliazellen ab, sind hochaggressiv, wegen ihres diffusen Einwachsens in das Nervengewebe operativ schwer zugänglich und werden gegen Strahlen- und Chemotherapie schnell resistent. Bis heute sind sie trotz intensiver Forschung oft unheilbar. Auch Checkpoint-Inhibitoren, die die Schlagkraft der T-Zellen des Immunsystems gegen Tumorzellen stärken und bei anderen Krebsarten beachtliche Behandlungserfolge zeigen, richten gegen Hirntumoren bisher wenig aus. Das liegt vermutlich unter anderem daran, dass Hirntumorzellen die T-Zellen um sich herum paralysieren können. Wie sie das tun, hat Lukas Bunse am Beispiel der so genannten IDH-mutierten Gliome herausgefunden.

An diesen Gliomen erkranken vor allem junge Menschen. Sie werden durch eine Mutation ausgelöst, die im Enzym IDH1 eine Aminosäure vertauscht. Diese Aminosäure liegt in der Bindungstasche des Enzyms, das infolgedessen ein falsches Produkt herstellt, das 2-Hydroxyglutarat (2-HG). Dabei handelt es sich um ein krebsförderndes Stoffwechselprodukt („Onkometabolit"), das gesunde Gliazellen dazu veranlasst, zu Krebszellen zu werden.

Schon während seines Medizinstudiums war Lukas Bunse an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen IDH1-mutierte Krebszellen beteiligt. Dieser Impfstoff ist in einer Phase-I-Studie inzwischen mit Erfolg auf seine Verträglichkeit und Immunogenität geprüft worden und soll nun in weiterführenden Studien auf seine Wirksamkeit untersucht werden.

Im Zuge der präklinischen Impfstoffentwicklung war es Bunse aufgefallen, dass sich im Tumorgewebe von IDH1-mutierten Gliomen deutlich weniger T-Zellen fanden als zu erwarten war. Den Grund dafür entdeckte er in jahrelanger Forschungsarbeit: Die Tumorzellen geben eine gewisse Menge des Onkometabolits 2-HG in den extrazellulären Raum ab. Dies hemmt die Aktivität der T-Zellen, die herbeigeschwärmt sind, um das Tumorwachstum zu drosseln. Mit Hilfe des 2-HG, das zu ihrer Entstehung führt, schaffen sich die Gliomzellen also zugleich eine günstige Umgebung, weil sie sich der Kontrolle des Immunsystems weitgehend entziehen.

Als Clinician Scientist wirkt Lukas Bunse seit 2019 sowohl als neurologisch tätiger Arzt am Universitätsklinikum Mannheim als auch als Forschungsgruppenleiter in der von Michael Platten geleiteten Klinischen Kooperationseinheit Neuroimmunologie und Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Mit dieser Gruppe ist er dabei, eine neue Form der Gentherapie gegen Glioblastome zu erproben. „In der präklinischen Entwicklung an Tiermodellen sind wir schon relativ gut vorangeschritten. Das Konstrukt wirkt."

Glioblastome haben eine noch schlechtere Prognose als IDH-mutierte Gliome und betreffen vor allem Menschen im mittleren Lebensalter. Im Gegensatz zu Gliomen präsentieren sie keine IDH1-Mutation als Antigen auf ihrer Oberfläche, dafür aber Bruchstücke einiger im Übermaß produzierter Proteine. Bunse und sein Team haben einen Weg gefunden, patienteneigene T-Zellen außerhalb des Körpers mit Rezeptoren gegen einige dieser Proteine auszustatten, um sie anschließend dem Patienten wieder zuzuführen. Klinische Prüfungen dieser Zellen sind in Vorbereitung.

„Mit Ausdauer und Einfallsreichtum hat Lukas Bunse eine grundlegende Frage der Neuroimmunologie beantwortet. Als forschender Arzt ist er auf dem besten Weg, seine Erkenntnisse in Therapien zu übersetzen", sagt Werner Müller-Esterl, Vorsitzender der Jury des Life Sciences Bridge Award. „Wir möchten ihm mit diesem Preis über die Brücke zu einer unbefristeten Professur helfen."

Der Life Sciences Bridge Award ist einer der höchstdotierten Nachwuchspreise Deutschlands. Er wird jährlich an bis zu drei Preisträger vergeben, die an deutschen Universitäten forschen. Sie erhalten jeweils 100.000 Euro. Zehn Prozent davon dürfen sie für persönliche Zwecke nutzen, der Rest ist der Finanzierung ihrer Forschung vorbehalten.

Die Aventis Foundation ist eine unabhängige, gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie dient der Förderung von Kunst und Kultur sowie von Wissenschaft, Forschung und Lehre.

Originalpublikationen

Bunse L, Pusch S, Bunse T et al. Suppression of antitumor T cell immunity by the oncometabolite R-2- hydroxyglutarate. Nature Medicine 24, 1192–1203. (2018)

Platten M, Bunse L, Wick A et al. A vaccine targeting mutant IDH1 in newly diagnosed glioma. Nature 592(7854): 463-468. (2021)

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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