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Darmkrebs: Wie sich das individuelle Risiko senken lässt

Nr. 29 | 06.05.2020 | von Rei

Viele Faktoren beeinflussen das Darmkrebsrisiko. Dazu zählt neben dem genetischen Risiko insbesondere der persönliche Lebensstil. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben jetzt erstmals sämtliche bekannten Risikofaktoren miteinander verglichen, um so das Darmkrebsrisiko in absoluten Zahlen zu berechnen. Dabei wurde deutlich, dass jeder sein individuelles Risiko durch gesunden Lebensstil senken kann – egal, welches genetisches Risiko er mitbringt. Und: die Darmspiegelung ist das effektivste Werkzeug, um die individuelle Gefahr, an Darmkrebs zu erkranken, drastisch zu senken.

© Fotolia

Darmkrebs ist derzeit in Deutschland bei Männern dritthäufigste, bei Frauen sogar die zweithäufigste Krebserkrankung. Risikofaktoren gibt es viele. Neben genetischen Faktoren – winzige Variationen im Erbgut (SNPs, single nucleotide polymorphisms), die das Risiko erhöhen oder abmildern können – spielt insbesondere der Lebensstil eine entscheidende Rolle. Zu den Risikofaktoren zählen Rauchen, Übergewicht, Ernährung sowie Bewegungsmangel. Demgegenüber steht die Vorsorge-Darmspiegelung, mit der sich Vorstufen von Darmkrebs aufspüren lassen. Das Entfernen dieser Vorstufen vermag das Darmkrebsrisiko entscheidend zu senken.

„Die einzelnen Risikofaktoren sind bereits gut untersucht – allerdings wurden sie bislang in der Regel separat betrachtet", sagt Michael Hoffmeister vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). „Das Ziel unserer Studie war es, die Gesamtheit der Risikofaktoren gemeinsam zu analysieren, um herauszuarbeiten, wie sich die individuellen Darmkrebsrisiken entsprechend des genetischen Risikos und des Lebensstils unterscheiden, und welche Rolle die Darmspiegelung dabei spielt."

Die DKFZ-Forscher um Hoffmeister analysierten dazu die Daten von mehr als 4200 Menschen mit Darmkrebs und mehr als 3300 Kontrollpersonen und berechneten das absolute Risiko, ab dem 50. Geburtstag innerhalb von 30 Jahren an Darmkrebs zu erkranken. „Absolute Risiken sind in der Kommunikation, zum Beispiel zwischen Arzt und Patient, meist leichter zu vermitteln als relative Risiken", begründet Hoffmeister die Herangehensweise. Dazu ordneten die Epidemiologen die Probanden anhand von genetischem Risiko und Lebensstil-Faktoren in jeweils drei Gruppen mit hohem, mittleren oder niedrigem Risiko ein und berücksichtigten außerdem, ob jemals eine Darmspiegelung durchgeführt wurde.

„Das wichtigste Ergebnis unserer Studie war, dass sich selbst bei Menschen mit erhöhtem genetischen Risiko die Gefahr, tatsächlich an Darmkrebs zu erkranken, durch die Darmspiegelung und einen gesunden Lebensstil drastisch verringerte", sagt Prudence Carr, die Erstautorin der Studie. So ergaben die Schätzungen, dass Männer mit einem mittleren genetischen Risiko, einem durchschnittlichen Lebensstil, die keine Darmspiegelung wahrgenommen hatten, ein 30-Jahres-Risiko für Darmkrebs von 7,4 Prozent haben. Anders ausgedrückt: Von hundert Männern mit diesem Risikoprofil werden sieben bis acht innerhalb der nächsten 30 Jahre an Darmkrebs erkranken. Bei Männern mit vergleichbarem genetischem Hintergrund, die jedoch gesünder lebten und eine Darmspiegelung wahrgenommen hatten, lag das Risiko lediglich bei 1,9 Prozent.

„Das Besondere an unserer Untersuchung ist, dass wir nachweisen und veranschaulichen konnten: Unabhängig davon, mit welchem genetischen Hintergrund jemand geboren wurde, lässt sich sein individuelles Darmkrebsrisiko deutlich senken", so Hoffmeister.

Carr PR, Weigl K, Edelmann D, Jansen L, Chang-Claude J, Brenner H, Hoffmeister M. Estimation of Absolute Risk of Colorectal Cancer Based on Healthy Lifestyle, Genetic Risk, and Colonoscopy Status in a Population-based Study.
Gastroenterology 2020, DOI: 10.1053/j.gastro.2020.03.016

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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