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Darmspiegelung schon ab 50 – vor allem für Männer

Nr. 06 | 10.02.2017 | von Koh

Ab dem Alter von 55 Jahren haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf eine Darmspiegelung zur Früherkennung von Darmkrebs. Eine gemeinsame Studie vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), der AOK Baden-Württemberg, der Bosch BKK und MEDI Baden-Württemberg legt nun nahe, diese Altersgrenze zu senken: Die Untersuchung ist routinemäßig schon ab dem Alter von 50 sinnvoll – insbesondere für Männer.

Dickdarmkrebs unter dem Fluoreszenzmikroskop
© Lutz Langbein, DKFZ

2002 wurde die Vorsorge-Darmspiegelung in das Krebs-Früherkennungsprogramm der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Ab dem Alter von 55 Jahren haben Versicherte Anspruch auf die Untersuchung, bei der eventuell entdeckte Krebsvorstufen sogleich entfernt werden können. Seither ist die Darmkrebs-Neuerkrankungsrate deutlich zurückgegangen – und zwar ausschließlich in der Altersgruppe, der das Screening angeboten wird.

„In den ersten zehn Jahren haben mehr als vier Millionen Menschen an einer Vorsorge-Darmspiegelung teilgenommen. Das hat nach unseren Berechnungen etwa 180.000 Darmkrebsfälle verhindert", sagt Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Der Heidelberger Präventionsexperte und seine Kooperationspartner suchen nach Möglichkeiten, diese Rate noch weiter zu verbessern.

Bei Menschen ohne familiäre Belastungen tritt Darmkrebs vor dem Alter von 50 Jahren äußerst selten auf. Danach steigt die Erkrankungsrate kontinuierlich an. Nationale und internationale Leitlinien empfehlen daher die Krebsvorsorge bereits ab 50 Jahren. „Durch die Zusammenarbeit mit der AOK Baden-Württemberg, der Bosch BKK und MEDI Baden-Württemberg hatten wir erstmals die Möglichkeit, an einer großen Bevölkerungsgruppe zu prüfen, welche Ergebnisse mit dem Angebot der Vorsorge-Darmspiegelung ab 50 Jahren zu erzielen sind", so Brenner.

Insgesamt 84.726 Versicherte der AOK Baden-Württemberg im Alter zwischen 50 und 54 Jahren erhielten in den Jahren 2014 und 2015 eine persönliche Einladung zu einer Früherkennungs-Darmspiegelung. Eingeladen wurden ausschließlich Personen, die in den Jahren zuvor keine Darmspiegelung beansprucht hatten, nicht an Krebs erkrankt und in das Hausarzt- oder das Facharztprogramm der AOK eingeschrieben waren.

1,9 Prozent der Angeschriebenen leisteten der Einladung Folge. Bei den insgesamt 1396 Untersuchungen wurden in 6,8 Prozent der Fälle Darmkrebs oder Darmkrebsvorstufen, so genannte fortgeschrittene Adenome, entdeckt und abgetragen.

Die Untersuchung offenbarte einen deutlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während bei nur 4,5 Prozent der Frauen dieser Altersgruppe Darmkrebs oder Vorstufen gefunden wurden, traten sie bei Männern mit 8,6 Prozent fast doppelt so häufig auf. Das heißt, die Ärzte entdeckten bei jeder zwölften Untersuchung von Männern zwischen 50 und 54 eine verdächtige Gewebeveränderung. Dagegen müssten bei Frauen dieser Altersgruppe 22 Darmspiegelungen durchgeführt werden, um einen relevanten Befund zu entdecken.

„Damit sind Darmkrebs und seine Vorstufen bei Männern dieser Altersgruppe sogar häufiger als bei den 55 bis 69-jährigen Frauen, bei denen die Darmspiegelung ganz selbstverständlich zum Krebsfrüherkennungsangebot gehört. Das ist ein überzeugender Grund dafür, die Altersgrenze für die Vorsorge-Koloskopie zumindest bei Männern schon vom 50. Geburtstag an routinemäßig anzubieten", ist das Fazit Hermann Brenners. Andere Länder, etwa Österreich, haben die Vorsorgeuntersuchung bereits ab 50 Jahren in ihr Krebsfrüherkennungsprogramm aufgenommen.

Seit 2017 ist ein Einladungsverfahren für die Früherkennung durch die Darmspiegelung ab dem Alter von 55 gesetzlich vorgesehen. Bundesweiter Vorreiter ist dabei seit Jahren das Facharztprogramm Gastroenterologie von AOK Baden-Württemberg und Bosch BKK. Dort wird das Einladungsschreiben bereits seit 2011 für Teilnehmer ab dem 55. Geburtstag und seit 2014 für Teilnehmer ab dem 50. Geburtstag umgesetzt.

Die Studienergebnisse bestätigen den Beteiligten die Richtigkeit des Weges: „Es wird eindeutig belegt, wie unverzichtbar Früherkennung bei Darmkrebs gerade auch bei Jüngeren ist. Wer an unserem Haus- und Facharztprogramm teilnimmt, kann die kostenlose Darmspiegelung bereits ab 50 Jahren in Anspruch nehmen. Ich empfehle dies nachdrücklich", so der Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann.

Hermann Brenner, Nadine Zwink, Leopold Ludwig, Michael Hoffmeister: Sollte die Vorsorgekoloskopie bereits ab 50 Jahren angeboten werden? Befunde eines landesweiten Modellprojekts und Ergebnisse einer randomisierten Interventionsstudie.
Deutsches Ärzteblatt 2017, 114(6): 94-100; DOI: 10.3238/arztebl.2017.0094

Ein Bild zur Pressemitteilung steht zum Download zur Verfügung unter:
http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2017/bilder/Darmkrebs.jpg
BU: Dickdarmkrebs unter dem Fluoreszenzmikroskop

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Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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