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Mit Forschung gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs

Pressemitteilung zum Welt-Pankreaskrebstag am 17. November

Nr. 46 | 14.11.2016 | von Koh

Krebs der Bauchspeicheldrüse zählt zu den aggressivsten Tumorarten, bisher verfügbare Therapien können gegen die Erkrankung meist nur wenig ausrichten. Daher engagieren sich Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum intensiv im Kampf gegen diese Erkrankung. Sie fanden heraus, was die Krebsart so widerstandfähig gegen Medikamente macht und warum die Tumoren so früh im Körper streuen. Auf der Basis dieser Ergebnisse erproben sie Schizophrenie-Medikamente, neue Wirkstoffe und sogar Viren gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Illustration der Bauchspeicheldrüse
© Wellcome Library, London

Krebs der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) verläuft meist extrem aggressiv, fast alle Betroffenen erliegen ihrem Tumor. In Deutschland erkranken jährlich 9100 Männer und 9500 Frauen (Prognose für 2016, Robert Koch Institut). Während bei den meisten anderen Krebsarten Fortschritte in der Vorbeugung, Früherkennung und Therapie die Sterblichkeitsraten senken konnten, steigen sie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs kontinuierlich an.

„Bauchspeicheldrüsenkrebs verursacht lange Zeit keine Symptome und wird deshalb erst spät entdeckt. Die Tumoren streuen schon sehr früh Metastasen und entwickeln zu allem Überfluss sehr schnell Resistenzen gegen Chemotherapie", sagt Michael Baumann, der Vorstandsvorsitzende des DKFZ. „Daher suchen Wissenschaftler im DKFZ intensiv nach den molekularen Ursachen für die besondere Bösartigkeit dieser Krebsart. So wollen sie Angriffspunkte identifizieren, über die sich dieser gefährliche Krebs in Zukunft wirksamer bekämpfen lässt. Gerade in letzter Zeit konnten unsere Kollegen auf diesem Gebiet vielversprechende Ergebnisse erzielen."

So haben etwa der DKFZ-Molekularbiologe Jörg Hoheisel und seine Kollegen kürzlich entdeckt, dass ein Rezeptor für den Neurotransmitter Dopamin Wachstum und Ausbreitung von Bauchspeicheldrüsenkrebs fördert. Medikamente gegen Schizophrenie, die an diesen Rezeptor andocken und seine Funktion blockieren, verlangsamten in Mäusen das Tumorwachstum und bremsten die Metastasierung.

Die DKFZ-Forscher wollen nun möglichst rasch untersuchen, ob diese Medikamente, so genannte Dopamin-Antagonisten, auch bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen. Sie kooperieren dazu eng mit Markus Büchler vom Universitätsklinikum Heidelberg, um die Wirkung an ersten Patienten zu prüfen.

Ebenfalls aus Jörg Hoheisels Labor stammt die Entdeckung, dass in Pankreaszellen die Fähigkeit zur Metastasierung häufig bereits entwickelt ist, bevor sich eine Zelle überhaupt in eine Krebszelle verwandelt hat. Dazu drosseln die Zellen eine bestimmte microRNA, die normalerweise die Invasionsfähigkeit unterdrückt. Das widerspricht der klassischen Vorstellung, dass Krebszellen erst im Laufe des Tumorwachstums durch mehrere aufeinanderfolgende Mutationen dazu in die Lage versetzt werden, sich vom Tumor zu lösen und auf Wanderschaft zu gehen. Pankreaskrebszellen dagegen sind sozusagen von Beginn an bösartig.

Eine weitere molekulare Ursache für die Bösartigkeit von Bauchspeicheldrüsenkrebs deckten Ana Martin-Villalba und ihr Team auf. Die DKFZ-Forscher fanden, dass Pankreaskrebszellen deutlich mehr des Rezeptorproteins CD95 auf ihrer Oberfläche tragen als gesunde Zellen des Organs. CD95 fördert die Metastasierung und die Fähigkeit, neue Tumoren zu initiieren. Pankreaskrebszellen, die besonders viel CD95 bildeten, zeigten die deutlichsten Merkmale des Programms in Richtung Bösartigkeit. Krebszellen aus Metastasen trugen darüber hinaus mehr CD95 als Zellen des Primärtumors.

Ein neuer Wirkstoff, APG101, vereitelt den Kontakt zwischen den CD95-Molekülen auf der Oberfläche der Krebszellen mit ihrem spezifischen Bindungspartner. Blockierten die Forscher bei Mäusen CD95 mit APG101, so wuchsen die Tumoren langsamer und bildeten weniger Metastasen.

Aus dem DKFZ und dem von der Dietmar Hopp-Stiftung geförderten Heidelberger Stammzellinstitut HI-STEM kommt die Entdeckung, warum manche Tumoren der Bauchspeicheldrüse so resistent gegen die Behandlung sind. Es zeigte sich, dass die Krebszellen große Mengen des Enzyms CYP3A5 produzieren, das viele Medikamente in der Zelle schnell abbaut und dadurch unwirksam macht.

Die Forscher um Andreas Trumpp und Martin Sprick entwickelten einen Test, mit dem sich drei Arten von Bauchspeicheldrüsenkrebs nachweisen lassen, die sich in ihrer Aggressivität, aber auch in ihrem Ansprechen auf Medikamente unterscheiden. Sie stellten fest, dass Zellen des resistenten Tumortyps besonders viel CYP3A5 produzieren. Es gelang den Stammzellforschern, das Enzym in Tumorzellen und sogar in tumortragenden Mäusen gezielt zu blockieren, die Zellen dadurch wieder für die Medikamente empfindlich zu machen und so das Tumorwachstum zu blockieren. Die Wissenschaftler entwickeln und testen nun mögliche Wirkstoffe, die CYP3A5 blockieren und auch bei Patienten angewendet werden könnten.

Das DKFZ unterhält gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT). Hier starten die beiden forschenden Ärzte Guy Ungerechts und Christoph Springfeld derzeit eine klinische Studie, mit der sie erproben wollen, ob sich fortgeschrittener Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Viren behandeln lässt.

Im DKFZ hat Jean Rommelaere seit Anfang der 1990er Jahre die krebstötenden Eigenschaften von Parvorviren des Stamms H1 untersucht. Gefördert von der Oryx GmbH, entwickelte der DKFZ-Virologe gemeinsam mit Ärzten von der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg das Parvovirus H1 („ParvOryx") zu einer Virustherapie weiter. Die Sicherheit dieser Therapie wurde bereits in einer klinischen Studie belegt, zunächst an Patienten mit bösartigen Hirntumoren.

Nun soll sich zeigen, ob ParvOryx auch beim metastasierten Pankreaskarzinom wirksam sein kann. Guy Ungerechts hofft, dass das Virus eine Immunantwort sowohl gegen den Tumor als auch gegen seine Metastasen auslöst. Die aktuelle Studie soll prüfen, ob eine solche Immun-Virotherapie gegen diese lebensbedrohliche Krebserkrankung in Zukunft neue Therapieoptionen schaffen kann.

Bis diese vielversprechenden Forschungsergebnisse klinisch erprobt und im günstigsten Fall zu verbesserten Behandlungen beitragen, wird einige Zeit vergehen. Bei Fragen zu bereits etablierten Behandlungsmethoden in der Patientenversorgung oder zu weiteren Ergebnissen aus der klinischen Forschung steht der Krebsinformationsdienst des DKFZ täglich von 8 bis 20 Uhr telefonisch und per E-Mail kostenfrei zur Verfügung.

Der Krebsinformationsdienst per Telefon: 0800 420 30 40

Der Krebsinformationsdienst per E-Mail: Krebsinformationsdienst@dkfz.de

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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