Nichtkleinzellige Lungenkarzinome machen rund 75 Prozent aller Fälle von Lungenkrebs aus. Diese Form von Lungenkrebs wächst in der Regel langsamer als kleinzellige Lungenkarzinome und hat deshalb prinzipiell auch eine bessere Prognose. Allerdings weisen die Krebszellen bei etwa sechs Prozent der Betroffenen eine Mutation im so genannten ALK-Gen auf: Diese Genveränderung führt dazu, dass das Enzym anaplastische Lymphomkinase (ALK) in den Krebszellen überaktiv ist und dadurch das Tumorwachstum beschleunigt.
Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom und einer ALK-Mutation werden daher mit so genannten Tyrosinkinase (TKI)-Inhibitoren behandelt, die die Aktivität von ALK blockieren. Doch oftmals entwickeln die Tumorzellen Resistenzen gegen das Medikament. Neben den mutationsbedingten Resistenzen gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass auch Einflüsse der Tumor-Mikroumgebung das Ansprechen auf zielgerichtete Therapien beeinflussen könnten.
Dies konnte Ann-Kathrin Daum nun experimentell im Rahmen des DZL geförderten Forschungsprogramms zusammen mit Partnern an der Thoraxklinik Heidelberg bestätigen. Dazu nutzte sie Mikrotumoren, die in der Kulturschale aus ALK-mutierten Krebszellen zu dreidimensionalen Zellaggregaten heranwuchsen. Die Mikrotumoren wurden in Gegenwart von so genannten tumorassoziierten Bindegewebszellen kultiviert und mit ALK-Inhibitoren behandelt. Tumorassoziierte Bindegewebszellen, auch als Fibroblasten (CAF = cancer associated fibroblasts) bezeichnet, stellen bei vielen Krebsarten den Hauptanteil der Zellen der Tumormikroumgebung dar.
Tatsächlich verlieh die Anwesenheit der CAFs den ALK-mutierten Minitumoren Resistenz gegenüber verschiedenen ALK-Inhibitoren. Die Krebszellen starben seltener am programmierten Zelltod Apoptose und hatten einen beschleunigten Zellzyklus. Mit Einzelzell-mRNA-Analysen stellte Ann-Kathrin Daum fest, dass CAFs die Genaktivität der Tumorzellen beeinflussen und den Fettstoffwechsel der Krebszellen ankurbeln. Die Resistenzentwicklung konnte jedoch verhindert werden, wenn die Inhibierung von ALK mit Wirkstoffen kombiniert wurde, die einen wichtigen Transkriptionsfaktor des Fettstoffwechsels blockieren. „Das könnte ein Ansatz sein, an dem es sich lohnt weiter zu forschen, um in Zukunft die Therapieresistenz von ALK-mutiertem nichtkleinzelligen Lungenkrebs besser zu verhindern“, so die Forscherin.
Um herausragende Forschung auf dem Gebiet der nichtkleinzelligen Bronchialkarzinome zu fördern, hat das Unternehmen Takeda Oncology einen hochkarätigen Forschungspreis ausgeschrieben. Das Projekt von Ann-Kathrin Daum wurde mit dem zweiten Preis ausgezeichnet, der mit 10.000 Euro dotiert ist.
Ann-Kathrin Daum hat an der Ruhr-Universität Bochum und der Friedrich-Schiller Universität Jena studiert. Von 2017 bis 2021 promovierte sie im Deutschen Krebsforschungszentrum in der Abteilung Krebsgenomforschung, wo sie seit Abschluss ihrer Promotion als PostDoc forscht.