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Frank Winkler erhält den Brain Prize 2025

Ein Wissenschaftler mit weißem Laborkittel und Brille sitzt an einem Labortisch und lächelt in die Kamera. Vor ihm steht ein Laptop, auf dessen Bildschirm farbige mikroskopische Aufnahmen von Gewebe zu sehen sind. Im Hintergrund ein Labor mit Regalen voller Flaschen, Pipetten und Forschungsgeräten.
Frank Winkler

Der mit mehr als einer Million Euro höchstdotierte Forschungspreis der Neurowissenschaften und Neuromedizin würdigt in diesem Jahr Pionierarbeiten zu Interaktionen des Nervensystems mit Krebstumoren: Der Neurologe Frank Winkler, der an der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg sowie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) forscht und am Universitätsklinikum Heidelberg Patientinnen und Patienten mit Hirntumoren behandelt, entdeckte, dass Nervenzellen des Gehirns mit Hirntumorzellen kommunizieren. Dies lässt die Erkrankung weiter fortschreiten. Die Erkenntnis eröffnet völlig neue Behandlungsansätze. Er teilt sich den Preis mit Michelle Monje von der Stanford University, USA. Die Auszeichnung wird am 28. Mai 2025 vom dänischen König Frederik X. in Kopenhagen überreicht.

Mit dem Brain Prize 2025 würdigt die dänische Lundbeck-Stiftung die wegweisende Forschung des wissenschaftlich und klinisch tätigen Neurologen Frank Winkler. Ihm gelangen in den letzten 15 Jahren bahnbrechende Einblicke in die Funktionsweise der unheilbaren Glioblastome, hochgradig aggressiven Hirntumoren. Er zeigte, dass die Tumorzellen Kontakte mit den gesunden Nervenzellen eingehen, von denen sie wiederum Signale empfangen – was das invasive Wachstum der Tumoren befeuert. Außerdem entwickeln sich einige Tumorzellen zu Taktgebern, die zusammen mit den Erregungssignalen der Nervenzellen die Ausbildung eines pilzartigen Tumor-Geflechts im Gehirn vorantreiben. Das Netzwerk ermöglicht den Tumorzellen eine komplexe Kommunikation und verleiht ihnen enorme Widerstandskraft gegen gängige Therapien. Winklers Ergebnisse eröffnen Ansatzpunkte für neue Therapiestrategien, die derzeit in klinischen Studien geprüft werden. Der Preis wird am 28. Mai vom dänischen König Frederik X. in Kopenhagen persönlich überreicht. 

Frank Winkler teilt sich den mit 1,3 Millionen Euro dotierten Brain Prize mit Michelle Monje, die an der Stanford University inoperable Hirntumoren bei Kindern erforscht. „Michelle Monje und Frank Winkler haben unabhängig voneinander unser Verständnis der Biologie dieser neurologischen Krebsarten verändert“, so der Vorsitzende des Auswahlkomitees für den Brain Prize, Andreas Meyer-Lindenberg. „Gemeinsam haben Monje und Winkler einen Paradigmenwechsel eingeleitet, indem sie die Neurowissenschaften in die Krebsforschung einbezogen und so die Grundlage für das geschaffen haben, was heute als ‚Cancer Neuroscience‘ bezeichnet wird.“

Im neuen Forschungsbereich „Cancer Neuroscience“ steht das Zusammenspiel von Nervensystem und Krebs im Fokus: Welche Rolle spielt das Nervensystem bei der Entstehung und Ausbreitung eines Tumors? Beeinflussen mögliche Wechselwirkungen die Prognose? Lassen sich diese Prozesse stoppen oder für die Therapien nutzen? „Als wissenschaftlich tätiger Arzt betreue und behandle ich täglich Patientinnen und Patienten mit Hirntumoren und kann gleichzeitig die Hypothesen, die sich aus dem direkten Ringen mit der Krankheit in der Klinik ergeben, wissenschaftlich überprüfen. So stellen sich von selbst die richtigen Fragen, welche wirklich relevant für die grundlegenden Mechanismen der Tumorerkrankung und für die Betroffenen selbst sind“, sagt Winkler, Geschäftsführender Oberarzt der Neurologischen Klinik des UKHD. „Ich fühle mich unglaublich geehrt und bin dankbar, dass dieser zweigleisige Ansatz, den ich schon seit mehr als 15 Jahren mit viel Herzblut mit zahlreichen Mitstreiterinnen und Mitstreitern am Wissenschaftsstandort Heidelberg verfolge, nun eine so großartige Anerkennung erfährt.“ 

„Cancer Neuroscience wird als Forschungsthema in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Denn es wird immer deutlicher, dass das Nervensystem bei Krebserkrankungen, auch denen außerhalb des Gehirns, eine wichtige Rolle spielt. In Heidelberg haben wir viele der weltweit führenden Forschungsgruppen auf diesem Gebiet und wollen mit unseren Kooperationspartnern auf dem Campus und in der Region diese Entwicklung führend mitgestalten und noch weiter ausbauen“, sagt Michael Boutros, Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg. „Umso mehr freue ich mich, dass die Arbeit von Frank Winkler und damit unsere ausgewiesenen Schwerpunkte in der Onkologie und den Neurowissenschaften diesen Preis erhält. Meinen herzlichen Glückwunsch zu der großartigen Auszeichnung!“

Auch Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ, gratuliert: „Frank Winklers Arbeit ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass exzellente, innovative Forschung auf allerhöchstem Niveau der Motor ist für translationale Ansätze, die das Potenzial haben, für Patientinnen und Patienten einen wirklichen Unterschied zu machen. Im Namen des gesamten DKFZ gratuliere ich zu diesem hochverdienten Preis.“

Die Erkenntnisse von Frank Winkler und seinem Team werfen nicht nur ein neues Licht auf die bislang unheilbaren Glioblastome. Sie haben auch gezeigt, dass ein bestimmtes Medikament, das bei Epilepsie zum Einsatz kommt, die Kommunikation zwischen Nerven- und Tumorzellen stören kann. Aktuell prüft das Team um Winkler in einer klinischen Studie, ob der Arzneistoff Patientinnen und Patienten mit Glioblastom Vorteile bringt. „Das ist gelebte Translation, wenn neue Erkenntnisse aus der Forschung zeitnah in die klinische Versorgung fließen. Der Standort Heidelberg bietet dazu durch seine enge Verzahnung von Universität und Universitätsklinikum mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie dem DKFZ hervorragende Voraussetzungen“, sagt Jürgen Debus, Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD). „Zu diesem großen Erfolg an der Schnittstelle zwischen patientenbezogener Forschung und klinischer Praxis gratuliere ich Frank Winkler herzlich.“

Glioblastome sind höchst aggressive und bislang unheilbare Tumoren des Gehirns. Betroffene sterben trotz Operation, Chemo- und Strahlentherapie meist innerhalb von zwei Jahren. Einen Grund dafür entdeckte Winkler mit seiner Arbeitsgruppe in der Klinischen Kooperationseinheit Neuroonkologie von Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) und Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ), bereits 2015: Die Glioblastomzellen sind untereinander durch lange Zellfortsätze verbunden und wachsen wie ein Pilzgeflecht in das gesunde Gehirn ein. Zum einen kann dieses Geflecht nicht vollständig operativ entfernt werden, zum anderen tauschen die Zellen über diese Verbindungen wichtige Stoffe aus und schützen sich so vor den Schäden durch die Therapie.

2019 veröffentlichte Winkler mit seinem Teamkollegen Varun Venkataramani und Thomas Kuner, Leiter der Abteilung Funktionelle Neuroanatomie am Institut für Anatomie und Zellbiologie an der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg, weitere bahnbrechende Erkenntnisse: Nervenzellen des Gehirns knüpfen Kontakte zu den Tumorzellen von Glioblastomen, geben Erregungssignale an diese weiter und befeuern so die Ausbreitung und Vernetzung der Krebszellen im Gehirn. Zudem fanden sie heraus, dass es sich bei den Zell-Zell-Kontakten um echte Synapsen handelt, die genauso aufgebaut sind wie die Kontaktstellen zwischen gesunden Nervenzellen. Sie funktionieren genauso und können auch mit denselben Wirkstoffen gehemmt werden. Das öffnete eine Tür für klinische Anwendungen.

Winklers Forschungsarbeiten sind Teil des Sonderforschungsbereichs „UNITE GLIOBLASTOMA – Überwindung der Therapieresistenz von Glioblastomen (SFB1389)“, der von Heidelberg aus koordiniert wird. Sprecher ist Wolfgang Wick, Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik des UKHD und Leiter der Klinischen Kooperationseinheit „Neuroonkologie“ von UKHD und DKFZ. Für seine herausragenden Arbeiten erhielt Frank Winkler bereits 2022 den Deutschen Krebspreis in der Sparte „Translationale Forschung“ und 2024 den BIAL Award in Biomedicine. 

Über den Brain Prize

Der von der Lundbeck-Stiftung ausgelobte Brain Prize ist der größte neurowissenschaftliche und neuromedizinische Forschungspreis weltweit. Er würdigt besonders innovative und weitreichende Fortschritte in allen Bereichen der Hirnforschung, von der neurowissenschaftlichen Grundlagenforschung bis zur angewandten klinischen Forschung. 2011 ins Leben gerufen, wurde der Brain Prize seither jährlich an bisher insgesamt 47 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus zehn Ländern verliehen. Die Dotierung in Höhe von 10 Millionen Dänischen Kronen (1,3 Millionen Euro) ist als persönliches Preisgeld gedacht. 

Weitere Informationen im Internet:

 

Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg

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Über das DKFZ

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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