Mit seinen ERC Starting Grants fördert der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) talentierte junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Mittel von 1,5 Millionen Euro für bis zu fünf Jahre sollen beim Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe an einer anerkannten Forschungsinstitution in der EU unterstützen. Über die Vergabe der ERC Starting Grants wird in einem hochkompetitiven Verfahren entschieden.
Während aller Entwicklungs- und Differenzierungsvorgänge müssen Zellen sicherstellen, dass stets zur richtigen Zeit die richtigen Gene abgelesen werden. Die Aktivität der Gene wird durch Erbgutbereiche gesteuert, die ein gutes Stück entfernt auf den Chromosomen liegen und als regulatorische Elemente oder Enhancer (Verstärker) bezeichnet werden. Ein Enhancer enthält eine ganze Reihe von Bindungsstellen für verschiedene Transkriptionsfaktoren, die in Kombination darüber entscheiden, ob ein bestimmtes Gen abgelesen werden kann. Nach heutigem Wissensstand treten die Enhancer mit der Startstelle für das Ablesen eines Gens, dem so genannten Promotor, in physischen Kontakt, vermutlich durch Schlaufenbildung des DNA-Strangs.
Doch obwohl diese Vorgänge elementar für den Organismus sind, ist über die genaue Funktion der Enhancer überraschend wenig bekannt. An dieser Stelle setzt Angelika Feldmanns Forschung an, die nun durch den ERC gefördert wird. Denn bei diesem hochkomplexen Vorgang kann viel schiefgehen – mit dramatischen Folgen für den Organismus: Fehler beim korrekten Aktivieren der Gene können zu Entwicklungsstörungen oder zu Krebs führen.
Angelika Feldmann will herausfinden, woher Enhancer „wissen“, welche Gene sie aktivieren müssen. Was genau geschieht am Enhancer, wenn er ein Gen aktiviert und unterscheiden sich diese Vorgänge bei den verschiedenen Enhancer einer Zelle? Ist ein physischer Kontakt zwischen Enhancer und Promoter tatsächlich erforderlich? Wenn ja, wann genau muss er stattfinden? Feldmann hat die Vermutung, dass das präzise Timing des Kontakts zwischen Enhancer und Promoter entscheidend ist, um die Transkription korrekt zu starten. Schließlich will die Wissenschaftlerin herausfinden, wie die Einflüsse verschiedener Enhancer auf ein und dasselbe Gen zusammenwirken und welche Rolle dabei der genaue zeitliche Ablauf spielt.
Angelika Feldmann studierte Molekulare Medizin an der Universität Freiburg. Für ihre Doktorarbeit forschte sie von 2009 bis 2014 am Friedrich-Miescher-Institut in Basel und wechselte 2014 als Postdoc an die Universität Oxford. Seit Ende 2021 leitet Angelika Feldmann am DKFZ die Nachwuchsgruppe „Mechanismen der Genomkontrolle“.