Darmkrebs ist die dritthäufigste Krebsart und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache weltweit. In der Mehrzahl der Fälle entstehen die Tumoren aus Darmpolypen. Die Entwicklung vom Polypen zum Tumor dauert schätzungsweise zehn Jahre. Vorsorge-Darmspiegelungen und die Entfernung von Polypen senken sowohl die Häufigkeit als auch die Sterblichkeitsrate von Darmkrebs.
In den vergangenen Jahren sind ungefähr 12 Prozent aller neuen Fälle von Dickdarmkrebs vor dem 50. Lebensjahr diagnostiziert worden. Diese in vergleichsweise jungen Jahren auftretenden Darmkrebsfälle werden oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt und sind dann mit einer schlechteren Prognose verbunden.
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Polypen bei Verwandten und dem Risiko für Darmkrebs? Dies haben Forschende am DKFZ und am NCT Heidelberg gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Lund in Schweden untersucht, und zwar für Darmkrebs insgesamt sowie für Darmkrebs in jungen Lebensjahren. Für ihre Kohortenstudie nutzten die Forschenden eine schwedische Datenbank, die mit mehr als 11 Millionen Personen mit bekanntem Verwandtschaftsgrad die weltweit größte ihrer Art ist.
Der leitende Autor der Studie, Mahdi Fallah, DKFZ und NCT Heidelberg, sagt: „Wir haben festgestellt, dass Menschen ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko für Darmkrebs haben, wenn bei ihren Verwandten wiederholt Darmpolypen diagnostiziert wurden. Das gilt insbesondere für die Entwicklung der Krankheit in jungen Jahren.“
Die Bedeutung dieser Erkenntnis nimmt in Zukunft zu, da mit immer intensiverer Darmkrebsvorsorge in vielen Ländern Darmtumoren in früheren Stadien diagnostiziert werden, einschließlich des gutartigen Polypenstadiums. Deshalb könnte eine familiäre Vorgeschichte von Polypen immer relevanter für die Beurteilung des individuellen Erkrankungsrisikos werden.
Das höhere Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, besteht bereits bei einem Verwandten ersten Grades mit einer Polypendiagnose (1,4-fach im Vergleich zu Personen ohne familiäre Vorgeschichte). Das individuelle Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, hängt mit der Zahl der mit Darmpolypen diagnostizierten Verwandten und mit der Häufigkeit ihrer Diagnosen zusammen. So hat beispielsweise jemand, der zwei oder mehr Verwandte ersten Grades mit wiederholter Diagnose von Polypen hat, ein 2,4-faches Gesamtrisiko und ein ungefähr 4-faches Risiko, bereits in jungen Jahren zu erkranken.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, mehr personalisierte Strategien zur Früherkennung von Darmkrebs zu entwickeln, die auf Personen mit einer familiären Polypengeschichte zugeschnitten sind“, sagt Mahdi Fallah. Dies bedeutet, dass Screening-Strategien sowohl die Häufigkeit der Diagnose von Darmpolypen bei Verwandten als auch die Anzahl der Verwandten mit Darmpolypen bei Darmkrebs berücksichtigen sollten. „Insbesondere der steigenden Anzahl von Darmkrebs-Diagnosen in jungen Jahren sollten wir mit einem risikoadaptierten Screening begegnen“, sagt Mahdi Fallah.
Publikation: Yuqing Hu, Elham Kharazmi, Qunfeng Liang, Kristina Sundquist, Jan Sundquist, Mahdi Fallah. Risk of colorectal cancer associated with frequency of colorectal polyp diagnosis in relatives. Gastroenterology (2025); https://doi.org/10.1053/j.gastro.2024.12.030