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Verändertes Muster an nicht-krebsbedingten Todesursachen in den ersten Jahren nach Krebsdiagnose

Nr. 02 | 16.01.2025 | von Koh

Vor dem Hintergrund steigender Überlebenschancen bei Krebs haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) das Spektrum der Todesursachen von Krebspatienten untersucht. In einer großangelegten Studie waren in den ersten drei Jahren nach Krebsdiagnose 16,2 Prozent der registrierten Todesfälle nicht unmittelbar krebsbedingt. Drei nicht durch Krebs bedingte Todesursachen kamen bei Betroffenen signifikant häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung: Lebererkrankungen, Suizide und Infektionen.

© Fotolia

Da die Krebssterblichkeit aufgrund von Fortschritten vor allem bei der Früherkennung und Behandlung rückläufig ist, werden andere Todesursachen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das können krebsunabhängige Todesursachen sein. Denkbar ist aber auch, dass Krebspatienten, die geheilt werden oder lange mit ihrer Erkrankung leben, mittel- und langfristig weiteren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind, die mittelbar mit der malignen Erkrankung zusammenhängen. Langzeitfolgen von Krebstherapien, aber auch psychische Auswirkungen der Krebserkrankung können eine Rolle spielen.

„Die Frage nach den Sterberisiken ist mit Blick auf die Langzeitbetreuung von Menschen, die an Krebs erkrankt sind oder waren, hoch relevant", so Studienleiter Volker Arndt vom DKFZ. „Untersuchungen zu Nichtkrebs-Todesursachen aus anderen Ländern liegen bereits vor. Aber für Deutschland fehlten entsprechende Daten bislang." Um diese Datenlücke zu schließen, führte die Arbeitsgruppe von Arndt eine großangelegte Studie auf der Basis der Krebsregisterdaten aus Baden-Württemberg durch und analysierte die Todesursachen der registrierten Krebspatienten im Zeitraum zwischen 2013 bis 2020.

Risiko für Herz-Kreislauf-Todesursachen besonders erhöht

Es wurden die Daten von 422.959 Patienten erfasst, von denen 17 Prozent an Brustkrebs, 14 Prozent an Prostatakrebs und 11 Prozent an Darmkrebs erkrankt waren. Insgesamt verstarben im Studienzeitraum 144.949 Patienten, das sind 34 Prozent. Der Follow-up-Zeitraum lag bei durchschnittlich 2,8 Jahren. Das heißt, die erhobenen Daten zur Sterblichkeit beziehen sich auf die ersten drei Jahre nach Diagnosestellung.

Ungeachtet der medizinischen Fortschritte sind in diesem Zeitraum die meisten Todesfälle der Krebserkrankung zuzuschreiben. 84 Prozent aller Sterbefälle waren unmittelbar krebsbedingt, wobei der Prozentsatz je nach Tumorart variierte: Von den verstorbenen Prostatakrebs-Patienten erlagen 66 Prozent ihrem Tumorleiden, bei den Brustkrebs-Patientinnen waren es 73 Prozent, bei Lungenkrebs-Patienten 93 Prozent.

16,2 Prozent der Todesfälle waren nicht bzw. nicht unmittelbar krebsbedingt, wobei die hier relevanten Todesursachen in verschiedenen Subgruppen unterschiedlich gewichtet waren. An erster Stelle der Nichtkrebs-Todesursachen standen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vor allem in der Altersgruppe der 20- bis 60-Jährigen war das relative kardiovaskuläre Risiko – verglichen mit der Allgemeinbevölkerung – deutlich erhöht. Überhaupt zeigte das Muster der Todesursachen in dieser Altersklasse die größten Abweichungen zur Allgemeinbevölkerung.

Betrachtet man die gesamte Studienkohorte, so kamen drei Nichtkrebs-Todesursachen signifikant häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung: Lebererkrankungen, Suizide und Infektionen. Todesfälle infolge Lebererkrankung bzw. Suizid waren im Vergleich rund doppelt so häufig.

Langzeitbetreuung ist mehr als Rezidivkontrolle

„Diese an einer sehr großen Fallzahl gewonnenen Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, bei der Langzeitbetreuung von Krebskranken nicht allein auf die Rezidivkontrolle zu fokussieren, sondern den Blick weiter zu fassen", betont Volker Arndt. „Toxizitäten der eingesetzten Therapien, sind – auf lange Sicht – ebenso zu berücksichtigen wie Aspekte des psychischen Befindens und der Krankheitsbewältigung." Es sei nicht auszuschließen, dass die beobachtete hohe kardiovaskuläre Sterblichkeit zum Teil mit kardiotoxischen Therapieeffekten in Zusammenhang steht. Das müsse genauer untersucht werden. „Mit Blick auf die psychische Belastung von Krebspatienten unterstreicht unsere Studie erneut die Dringlichkeit einer psychologischen Begleitung von der Diagnosestellung an. Unsere Arbeitsgruppe wird das Thema „Risiken bzw. Sterberisiken von Krebskranken" weiterverfolgen. Eine bundesweite Untersuchung über einen längeren Zeitraum nach Diagnosestellung ist unterwegs."

 

Gedenk C et al: Todesursachenspezifische Mortalität in den ersten Jahren nach Diagnose einer Krebserkrankung. Onkologie 2024. https://doi.org/10.1007/s00761-024-01639-3 

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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