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Stellungnahme zum erhöhten Krebsrisiko durch Fleisch und Wurst

Nr. 47c | 27.10.2015

Von Harald zur Hausen, Medizinnobelpreisträger 2008, ehemaliger Stiftungsvorstand des DKFZ von 1983-2003

Prof. Harald zur Hausen
© dkfz.de

„Es ist seit langem bekannt, dass zwischen dem erhöhten Konsum von rotem Fleisch und von verarbeiteten Fleischprodukten und dem Risiko, an Darmkrebs zu erkranken ein Zusammenhang besteht. Hierfür wurde in der Vergangenheit eine Reihe von chemischen Verbindungen, die im Grill-, Brat- oder Röstprozess entstehen (Nitrosoverbindungen und aromatische Hydrokarbone) vorrangig verantwortlich gemacht.

Es hat sich aber gezeigt, dass die gleichen chemischen Substanzen, die nach Verabreichung an Nagetiere in hoher Dosierung ebenfalls Krebs erzeugen können, auch beim Braten und Grillen von Geflügelfleisch oder Fisch entstehen, ohne dass der Verzehr solcher Fleischarten mit einem höheren Risiko für Dickdarmkrebs bisher in Verbindung gebracht werden konnte. Darüber hinaus ist auffallend, dass Bevölkerungsgruppen, die in besonders hohem Umfang rotes Fleisch und verarbeitete Fleischprodukte verzehren, wie etwa in der Mongolei, in Bolivien und in Botswana, ein vergleichsweise sehr niedriges Risiko aufweisen, am Darmkrebs zu erkranken. Es war daher wichtig, die Art des Fleischkonsums zu analysieren, die in diesen Ländern vorliegt.

Diese Fragestellungen wurden und werden in unserer Arbeitsgruppe intensiv bearbeitet, wobei sich zunehmend herauskristallisiert, dass Fleischprodukte einer spezifischen Rinderrasse (spezifisch die europäisch-asiatischen Milchkühe) ein erhöhtes Risiko aufweisen. Da also vermutlich ein artspezifischer Faktor hier eine Rolle spielt, haben wir nach Ursachen gesucht und verfolgen zurzeit Spuren, die sich aus der Analyse von spezifischen infektiösen Agenzien in diesen Rindern ableiten lassen, um deren Rolle bei Krebserkrankungen gemeinsam mit den chemischen Schadstoffen zu analysieren.

Aus unserer Sicht bedarf die pauschale Aussage, dass rotes Fleisch und davon abgeleitete Fleischprodukte (wie etwa Wurstwaren) für das erhöhte Krebsrisiko verantwortlich sind, einer Revision und sie bedarf vor allem eingehender Analysen, inwieweit sich der epidemiologische Zusammenhang, eines artspezifischen Faktors auch in anderen Studien stützen lässt.“

Veröffentlichungen von Harald zur Hausen zum Thema (sind auf Anfrage in der Pressestelle zu erhalten):

zur Hausen, H.: Proliferation-inducing viruses in non-permissive systems as possible causes of human cancers. Lancet 2001; 357: 381-384.

H. zur Hausen. The search for infectious agents of human cancers: where and why. Nobel lecture .Virology, 392: 1-10, 2009.

zur Hausen H: Red meat consumption and cancer: Reasons to suspect involvement of bovine infectious factors in colorectal cancer. Int. J. Cancer 2012; 130: 2475-2483.

zur Hausen, H. and de Villiers, E.M. Dairy cattle serum and milk factors contributing to the risk of colon and breast cancers. Int J Cancer. 2015; 137: 959-967

zur Hausen H. Risk factors: What do breast and CRC cancers and MS have in common? Nat Rev Clin Oncol. 2015; 12: 569-70.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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