Klinische Kooperationseinheit Molekulare Hämatologie/Onkologie
Prof. Dr. Alwin Krämer
Tumormetastasierung stellt die Hauptursache der krebsbedingten Mortalität und gleichzeitig eine der größten Herausforderungen der Krebsforschung dar. Um Behandlungsergebnisse zu verbessern sind ein adäquates Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen, sowie die Translation von Forschungsergebnissen in wirksame Behandlungsansätze erforderlich.
Die Klinische Kooperationseinheit Molekulare Hämatologie/Onkologie konzentriert sich in ihrer translationalen und klinischen Forschung auf Krebserkrankungen mit unbekanntem Primärtumor (Cancer of Unknown Primary, CUP). Grundlagenwissenschaftliche Projekte befassen sich mit Chromosomaler Instabilität (CIN) als einem der zentralen Mechanismen der Tumormetastasierung.
Das CUP-Syndrom ist eine hoch aggressive, primär metastatische Tumorerkrankung, bei der nur Metastasen, aber kein Primärtumor identifiziert werden kann. In Abwesenheit eines identifizierbaren Primärtumors sind die Behandlungsoptionen begrenzt. Patienten mit CUP-Syndrom haben eine dementsprechend ungünstige Prognose.
Aufgrund seines primär metastasierenden Verlaufes stellt das CUP-Syndrom eine für das Studium der Metastasierung paradigmatische Erkrankung dar und ermöglicht dadurch allgemeingültige Einblicke in die Mechanismen der Tumorprogression und Metastasierung, die weit über das CUP-Syndrom hinausgehen und auf andere Malignomentitäten übertragen werden können. Da das Organ der Tumorentstehung beim CUP-Syndrom unbekannt ist, dient die Tumorart zudem als eine Modellerkrankung für den Einsatz Primärtumor-agnostischer Therapien. Auf dieser Basis zielt unsere Arbeit darauf ab, die Mechanismen der Metastasierung zu entschlüsseln, ausgehend von in vitro-Modellen und aufbauend auf Untersuchungen an primären Patientenproben (Tumorgewebe, Blut, Organoide), wobei die Ergebnisse stets mit klinischen Parametern verknüpft werden.
Durch genomweite DNA-Sequenzierung, Transkriptom- und Methylomanalysen haben wir wertvolle Erkenntnisse über molekulare Eigenschaften der Erkrankung gewinnen können und maßgeblich zu biologischem Verständnis, Klassifikation und zielgerichteter Therapie des CUP-Syndroms beigetragen. Basierend auf diesen Daten und mit dem Ziel, die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern und innovative Strategien zur Überwindung von Therapieresistenz zu entwickeln, führen wir groß angelegte, multizentrische und internationale präzisionsonkologische Studien, sowohl für das neu diagnostizierte als auch für das rezidivierte oder therapierefraktäre CUP-Syndrom, durch.
Unsere Arbeit hat zur bislang weltweit größten randomisierten Phase-II-Studie bei Patienten mit CUP-Syndrom geführt, die kürzlich erstmals die Wirksamkeit primärtumoragnostischer, molekular zielgerichteter Therapien bewiesen hat. Dies stellt einen bedeutenden Meilenstein in der Behandlung des CUP-Syndroms und einen entscheidenden Schritt für die Integration der Präzisionsonkologie in die klinische Praxis dar.
Chromosomale Instabilität (CIN), ein zentrales Merkmal nahezu aller Tumorerkrankungen, trägt zu genetischer Heterogenität, klonaler Evolution und letztlich zur Metastasierung bei. Dementsprechend beschäftigt sich unsere Gruppe seit langem mit der Erforschung der molekularen Mechanismen chromosomaler Instabilität und deren Rolle im metastatischen Prozess sowie in der Entwicklung des CUP-Syndroms und metastasierender Krebserkrankungen im Allgemeinen.
Zukunftsperspektiven
Zukünftige klinische Studien konzentrieren sich auf den Einsatz von Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten, einem vielversprechenden Ansatz, der die Behandlung mehrerer Krebserkrankungen revolutioniert hat, beim rezidivierten oder therapierefraktären CUP-Syndrom. Unter Verwendung von im Rahmen klinischer Studien gewonnenem primärem Patientenmaterial sowie davon etablierten Tumororganoiden versuchen wir mittels Multi-omics Ansätzen CUP-Tumore molekular zu profilieren und zu klassifizieren, die CUP-Biologie und Tumor-Wirt-Interaktionen zu verstehen sowie basierend auf Tumororganoid-Modellen und High throughput Substanzscreens neue Substanzen zur Behandlung des CUP-Syndroms zu identifizieren und das Therapieansprechen vorherzusagen. Innerhalb eines integrierten Ansatzes, bei dem Forschung und klinische Praxis eng verknüpft werden, zielen wir darüber hinaus darauf ab, das Ursprungsgewebe von CUP-Syndromen zu bestimmen und dessen Einfluss auf die Therapieergebnisse zu untersuchen, um molekular fundierte Therapien zu ermöglichen. So tragen wir zu innovativen Diagnose- und Behandlungsstrategien sowie zu besseren Behandlungsergebnissen für unsere Patienten bei. Aufgrund der primärtumor-agnostichen Natur des CUP-Syndroms werden wir die gewonnenen Daten letztlich dazu nutzen, die Nomenklatur von Tumorerkrankungen von einer rein klinisch-pathologischen Einteilung hin zu einer echten molekularen Klassifikation weiter zu entwickeln.
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