Abteilung Biomedizinische Physik in der Radioonkologie
Prof. Dr. Joao Seco
Strahlentherapie ist die am häufigsten angewendete Form der Krebstherapie, in etwa 70% der Fälle wird der Krebs entweder
alleine mit Strahlung oder in Kombination mit Chemotherapie behandelt. Dabei werden hochenergetische Teilchen oder
Wellen, zum Beispiel Röntgenstrahlung, Gammastrahlung, Elektronen, Protonen oder schwerere Ionen eingesetzt, um die Tumorzellen
abzutöten oder zu schädigen. In den letzten Jahren ist das Interesse an der Bestrahlung mit Ionen (Protonen,
Kohlenstoff-Ionen) stetig gewachsen. Der grundsätzliche Vorteil einer solchen Behandlung ist die begrenzte Reichweite (oder auch
Eindringtiefe), an deren Ende ein signifikanter Teil der Gesamtdosis auf das Gewebe übertragen wird. Dies führt zu einem
Maximum des Dosisübertrags am Ende der Teilchenbahn, dem so genannten "Bragg-Peak". Der Bragg-Peak ermöglicht,
dass bei der Therapie keine Dosis auf distaleres (tiefer gelegenes) Gewebe übertragen wird, wodurch Nebeneffekte signifikant
vermindert werden können.
Allerdings ist es aufgrund von Unsicherheiten in Bestrahlungsplanung und der Bestrahlung selbst (Beschleuniger,
Strahlführung etc.) nicht möglich, den Bragg-Peak präzise auf das distale Ende des Tumorvolumens zu platzieren. Daher
werden, um die korrekte Gesamtdosis auf das Tumorvolumen zu übertragen, auch umliegende, gesunde Organe teilweise
bestrahlt. Diese "Unsicherheit" mindert die durch Ionentherapie erzielbaren positiven Effekte und schmälert damit das klinische
Potential dieser Bestrahlungsform, da zusätzliche Strahlung auf gesundes Gewebe übertragen wird.
Unsere gegenwärtige Forschung beschäftigt sich hauptsächlich mit:
1) der Entwicklung von neuartigen Bildgebungsmethoden, um die oben angesprochene „Unsicherheit“ beim Platzieren des Dosismaximums in der Ionentherapie zu reduzieren. Dabei wird der Fokus auf die Bildgebung mit Helium-Ionen und Prompt-Gamma-Spektroskopie gelegt.
2) der Untersuchung der Mechanismen, die bei der strahlungsinduzierten Beschädigung der DNA mittels reaktiver
Sauerstoffspezies (ROS, "Reactive Oxigen Species") auftreten.
Ionentherapie bietet einen wesentlichen Vorteil gegenüber der konventionellen Strahlentherapie mittels Protonen.
Der Grund ist das spezifische Tiefendosisprofil der Ionen (Bragg-Peak), das es erlaubt, den Dosisübertrag
auf Gewebe proximal und distal zum Zielvolumen drastisch zu reduzieren. Das könnte im Gegenzug eine Erhöhung der Dosis
auf das Tumorvolumen und einen besseren Schutz des umliegenden gesunden Gewebes erlauben. Damit könnten möglicherweise die lokale Kontrollrate und die Überlebensrate bei gleichzeitiger Reduktion der Toxizität und Steigerung der Lebensqualität verbessert werden.
In der Zukunft wird eine breitgefächerte Anwendung der Ionentherapie bei der Behandlung von Krebs ermöglichen, die
Überlebensrate signifikant zu steigern, während Nebeneffekte der Therapie auf ein Minimum reduziert werden. Allerdings muss die
Kontrolle über die Positionierung des Bragg-Peaks innerhalb des Patienten verbessert werden, um die Vorteile der
Ionentherapie voll ausnutzen zu können. Zudem ist ein besseres Verständnis der strahlungsinduzierten Beschädigung der DNA erforderlich.
Sobald die Positionierung des Dosismaximums akkurat im Submillimeter-Bereich kontrolliert werden kann, können Nebeneffekte minimiert und der Tumor mit einer gesteigerten Dosis behandelt werden.