Stabsstelle Krebsprävention
Stabsstelle Krebsprävention
Fast 40 Prozent aller Krebsneuerkrankungen sind durch vermeidbare Krebsrisikofaktoren wie Rauchen, ungesunde Ernährung, Übergewicht Bewegungsmangel, Alkoholkonsum und Infektionen, beispielsweise mit humanen Papillomviren (HPV), bedingt. All diese Krebsfälle sind potenziell vermeidbar, denn die meisten dieser Risikofaktoren ließen sich durch eine Veränderung des Lebensstils verhindern. Der wichtigste Risikofaktor für eine Krebserkrankung ist das Rauchen – fast 20 Prozent aller Krebsneuerkrankungen sind eine Folge des Rauchens. Insbesondere in Bezug auf das Rauchen, aber auch hinsichtlich der anderen lebensstilbedingten Krebsrisikofaktoren besteht somit ein großes Präventionspotenzial.
Die im Jahr 1997 gegründete Stabsstelle Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) hat den Auftrag, einen spürbaren Beitrag zur Reduzierung von vermeidbaren Krebsrisikofaktoren zu leisten. Lange Zeit lag der Arbeitsschwerpunkt wegen des besonders hohen Präventionspotenzials im Wesentlichen auf der Reduzierung des Tabakgebrauchs. Ziel ist es, dazu beizutragen, den individuellen und gesellschaftlichen Schaden, den das Rauchen verursacht, zu verringern. Seit einigen Jahren gehört daneben zunehmend die Verringerung anderer Krebsrisikofaktoren zum Aufgabenfeld der Stabsstelle Krebsprävention. So ist es ein bedeutendes Ziel der Stabsstelle Krebsprävention, die HPV-Impfung zu fördern, um durch eine erhöhte Impfquote das Ziel der WHO, bis 2030 90 Prozent der 15-jährigen Mädchen gegen HPV geimpft zu haben, zu erreichen und so HPV-bedingte Krebsarten letztendlich zu eliminieren. Daneben soll die Stabsstelle Krebsprävention das Bewusstsein für die Gesundheitsgefahren des Alkoholkonsums – insbesondere für dessen krebserzeugende Wirkung – erhöhen und schließlich zu einer Verringerung des Alkoholkonsums beitragen. Außerdem ist die Stabsstelle Krebsprävention aktiv in den Bereichen Adipositasprävention und Förderung von Bewegung.
WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle
Im Jahr 2002 erhielt die Stabsstelle Krebsprävention von der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) die Anerkennung als WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle. Dieses hat den Auftrag, über die Gesundheitsgefahren des Tabakkonsums zu informieren und gesundheitspolitische Maßnahmen zur Verringerung des Tabakgebrauchs zu unterstützen. Seit der letzten Redesignation im Jahr 2021 gehört es ebenfalls zu den Aufgaben des WHO-Kollaborationszentrums, über die Risiken des Alkoholkonsums, insbesondere im Zusammenhang mit dem Rauchen, aufzuklären und gesundheitspolitische Maßnahmen zur Senkung des Alkoholkonsums zu unterstützen. Das WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle wird vom Bundesministerium für Gesundheit finanziell gefördert.
Projekte
Zur Evaluierung und Bewertung der Wirksamkeit von Tabakkontrollmaßnahmen ist die Stabsstelle Krebsprävention an nationalen und internationalen Forschungsprojekten beteiligt. Die Stabsstelle Krebsprävention dokumentiert mit eigenen Umfragen für gesundheitspolitische Entscheidungen relevante Entwicklungen in Deutschland.
Wichtige abgeschlossene oder noch laufende Forschungsprojekte sind insbesondere:
- PIECES (2023 bis 2027): Im Rahmen dieses EU-geförderten Projekts soll ein Rahmenwerk entwickelt und getestet werden, über das evidenzbasierte Krebspräventionsprogramme ausgewählt, an verschiedene Settings angepasst und implementiert werden können. Die verbesserte Implementierung von Präventionsprogrammen in der Bevölkerung soll einen gesunden Lebensstil fördern und Krebsrisikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, mangelnde körperliche Aktivität, HVP-Infektionen, Sonnenstrahlung und Ernährung verringern.
- Medienmonitoring (2022 bis 2023): Das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Projekt „Medienbeobachtung: Werbung für Tabak, verwandte Produkte und Alkohol in Sozialen Medien" hat das Ziel, zum ersten Mal für Deutschland zu zeigen, in welchen Umfang und mit welchen Botschaften und Zielgruppen Werbung für E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Alkohol in Sozialen Medien und in deutscher Sprache verfügbar ist. In einem ergänzend vom Krebsverband Baden-Württemberg geförderten Projektteil soll ermittelt werden, in welchem Ausmaß und in welcher Form die HPV-Impfung in Sozialen Medien thematisiert wird.
- „Ansätze zur Steigerung der HPV-Impfquote in Deutschland – Hindernisse und Chancen: Eine qualitative Studie" (2019 bis 2023): Die Identifizierung von Chancen und Hindernissen in Bezug auf die Anwendung und Implementierung verschiedener Ansätze zur Erhöhung der HPV-Impfquote in Deutschland dient als Basis für die Verbesserung von Maßnahmen.
- „Zukünftige Krebslast – Prädiktionen und Präventionspotential" (2016 bis 2018): Im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Projekts wurden die zukünftige Krebslast vorausberechnet, die Anteile der vermeidbaren Krebsfälle für wesentliche Krebsrisikofaktoren quantifiziert und die potentielle Wirksamkeit von Interventionsstrategien mittels Simulationsmodellen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die zukünftige Krebslast bewertet.
- European Regulatory Science on Tobacco (EUREST-PLUS) (2016 bis 2018): Beteiligung an einem multizentrischen, EU-geförderten Projekt zur Evaluierung der Europäischen Tabakproduktrichtlinie 2014/40/EU.
- International Tobacco Control Policy Evaluation Project (ITC) (2007 bis 2011): Beteiligung an einem internationalen Konsortium von Längsschnittstudien zur Evaluierung von Tabakkontrollmaßnahmen. Ein standardisierter Fragebogen ermöglicht internationale Vergleiche und Rückschlüsse auf die Auswirkungen und Wirksamkeit von Tabakkontrollmaßnahmen.
- Public Information Tobacco Control (PITOC) (2009 bis 2012): Beteiligung an einem multizentrischen, von der EU geförderten Projekt zur Information über die vielfältigen Wirkungen von Tabakzusatzstoffen.
- Monitoring der Tabakrauchbelastung und Evaluierung der Nichtraucherschutzgesetze in Deutschland: Durch Partikelmessungen wurde die Tabakrauchbelastung in der Gastronomie dokumentiert und die Umsetzung der Nichtraucherschutzgesetze evaluiert.
Kooperationen
Die Stabsstelle Krebsprävention kooperiert mit verschiedenen nationalen und internationalen Allianzen aus Fachgesellschaften aus den Bereichen Medizin und Public Health, um gemeinsam wirksame Maßnahmen zur Prävention von Krebs zu erwirken. Als Partnerorganisationen sind insbesondere hervorzuheben: das Aktionsbündnis Nichtrauchen, die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten, Smokefree Partnership und das European Network for Smoking and Tobacco Prevention. Im Bereich HPV-Prävention vernetzt die Stabsstelle Krebsprävention relevante Akteure im Bereich der HPV-Prävention, um Kompetenzen, Ressourcen und Kräfte zur Umsetzung wirksamer HPV-Präventionsmaßnahmen zu bündeln. Kooperationen bestehen insbesondere mit dem Robert Koch-Institut, der Nationalen Lenkungsgruppe Impfen, der Stiftung Deutsche Krebsgesellschaft und der Preventa-Stiftung.
Struktur und Finanzierung
Das Heidelberger WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle ist im Deutschen Krebsforschungszentrum angesiedelt und eng mit der Stabsstelle Krebsprävention verbunden. Die Finanzierung erfolgt durch das Deutsche Krebsforschungszentrum, das Bundesministerium für Gesundheit aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, durch Drittmittel, Spenden und durch Fortbildungsveranstaltungen.
Finanzielle Zuwendungen durch die Tabakindustrie und E-Zigarettenhersteller werden abgelehnt, da die Ziele dieser Industrien – gesundheitlich schädliche oder zumindest bedenkliche Produkte an eine möglichst große (und junge) Kundschaft zu verkaufen – nicht mit dem Ziel des DKFZ – der Bevölkerung möglichst großen Gesundheitsschutz zu verschaffen – vereinbar sind. Daher besteht im Deutschen Krebsforschungszentrum für alle Abteilungen ein Ethischer Kodex zur Ablehnung von Tabakindustriegeldern.
Die Stabsstelle Krebsprävention wurde von 2009 bis 2016 finanziell gefördert durch die Klaus Tschira Stiftung gGmbH.