Nachwuchsgruppe Tumorgenese und molekulare Krebsprävention
Dr. Karol Nowicki-Osuch
Magen- und Speiseröhrentumoren sind weltweit die zweithäufigste Krebstodesursache. Die schlechte Überlebensrate (ca. 15 % 5-Jahres-Überlebensrate) von Patienten, bei denen diese Tumorarten diagnostiziert werden, ist auf die häufig späte Diagnose zurückzuführen. Eine frühe Diagnose dieser Tumoren erhöht jedoch die 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten drastisch auf über 75 %. Unsere Fähigkeit, Frühstadien von Magen- und Speiseröhrenkrebs zu erkennen, ist durch unser Wissen über die Entstehung dieser Krebsarten begrenzt. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass sich diese Krebsarten aus Krebsvorstufen entwickeln, die als Barrett-Ösophagus und Magen-Darm-Metaplasie bezeichnet werden. Trotz jahrzehntelanger klinischer Erfahrung ist unser molekulares Verständnis von Krebsvorstufen und ihrer Beziehung zu Krebs und insbesondere zu den normalen Geweben, aus denen sie entstehen, begrenzt. Die Forschungsgruppe Tumorgenese und molekulare Krebsprävention nutzt modernste Ansätze zur Charakterisierung und Modellierung früher transkriptioneller, genetischer und epigenetischer Prozesse, die die Entwicklung von gastroösophagealen Tumoren und deren Vorstufen steuern. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit besteht darin, zu verstehen, wie normale Zellen des Magens und der Speiseröhre ihre molekulare Identität verlieren und sich langsam in einen (prä-)krebsartigen Zustand verwandeln. Mit Hilfe der Einzelzell-RNA-Sequenzierung konnten wir zeigen, dass das Ösophagus-Adenokarzinom, eine Unterform des Speiseröhrenkrebses, trotz seines Namens aus dem Magen stammt. Es unterscheidet sich auch molekularbiologisch nicht von anderen Magenkrebsarten. Unsere Arbeit hat auch gezeigt, dass die Krebsvorstufen einzigartige molekulare Eigenschaften aufweisen, die nur als molekularer Mosaizismus einzelner Zellen beschrieben werden können - ein Zustand, in dem Zellen einen gemischten Phänotyp stabil beibehalten können, der normalerweise bei zwei verschiedenen Zelltypen des menschlichen Körpers zu beobachten ist.
Unsere bisherigen Arbeiten haben gezeigt, dass die moderne Einzelzellsequenzierungstechnik eine genaue Vorhersage der Ursprungszelle sowie der transkriptionellen und epigenetischen Zusammensetzung von (prä-)krebsartigen Läsionen ermöglicht. In der nächsten Phase unserer Forschung wollen wir unser vorhandenes Fachwissen, unsere Ansätze und unser neu gewonnenes Wissen über die molekularen Merkmale der Krebsentstehung nutzen, um zwei Fragen zu beantworten:
- Können wir die frühesten Stadien der Entwicklung von gastroösophagealen Tumoren mit Hilfe von in vivo- und in vitro-Modellen darstellen?
- Können wir unser detailliertes Verständnis der Veränderungen während der Entstehung von gastroösophagealen Tumoren nutzen, um die Überlebenschancen der Patienten durch eine frühzeitige Krebserkennung zu verbessern?
- neue organoide Modelle für gesunde und kranke Zustände entwickeln und testen, wie genetische und epigenetische Faktoren das Zellverhalten verändern;
- neuartige Sequenzierungsansätze (multimodale Einzelzelltests und das neu entwickelte mutREAD) anwenden, um winzige Unterschiede zwischen gesunden und kranken Zellen zu bestimmen;
- neuartige computergestützte Ansätze zur Datenverarbeitung, -analyse und -visualisierung entwickeln;
- unsere Technologien, Früherkennungsansätze und Kenntnisse in klinisch anwendbare Umgebungen in Zusammenarbeit mit klinischen Partnern in Deutschland, Polen, Großbritannien und den USA transferieren