DKTK: Erbgut von Lungenkrebs erfolgreich entschlüsselt
In einer gemeinschaftlichen Arbeit haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität zu Köln, des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) und des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) bis dato unbekannte Veränderungen in einer Untergruppe von Tumoren der Lunge, dem kleinzelligen Lungenkrebs, entdeckt. Im Rahmen der weltweit ersten Studie ihrer Art wurde das komplette Erbgut von 110 kleinzelligen Lungentumoren entschlüsselt und neue Kandidaten als therapeutische Ziele identifiziert. Die Ergebnisse wurden nun in dem britischen Wissenschaftsmagazin „Nature“ publiziert. Die Deutsche Krebshilfe förderte die Forschung seit 2012 mit mehr als zwei Millionen Euro.
Neuroendokrine Tumoren (NET) kommen zusätzlich zum Magen-Darm-Bereich vor allem in der Lunge vor. Deshalb untersuchte das interdisziplinäre Team aus zwei Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) zusammen mit Kollegen aus aller Welt eine Untergruppe der Lungentumoren: den „kleinzelligen Lungenkrebs“ (small cell lung cancer). Der kleinzellige Lungenkrebs ist die aggressivste Lungenkrebsvariante. Er macht circa 15 Prozent aller Lungenkrebsdiagnosen aus und tritt ausschließlich bei langjährigen, starken Rauchern auf. Hier wachsen die bösartig veränderten Zellen sehr schnell. Sie reagieren zwar zunächst gut auf eine Chemotherapie, trotzdem ist diese Erkrankung in den allermeisten Fällen unheilbar und führt schnell zum Tod.
In der Studie untersuchten die Wissenschaftler unter der Leitung von Professor Roman Thomas vom Universitätsklinikum Köln, der als Wissenschaftler dem DKTK assoziiert ist, nun erstmalig die DNA-Sequenzen des kompletten Erbgutes von 110 kleinzelligen Lungentumoren. Durch die vollständige genomische Analyse gelang es ihnen, biologische Schlüsselprozesse aufzuklären und gemeinsame Muster in den Veränderungen des Erbgutes aufzuzeigen. So wiesen sie in allen Fällen eine Inaktivierung der Gene RB1 und TP53 nach, die für die Kontrolle des Zellwachstums verantwortlich sind. Darüber hinaus entdeckten sie zahlreiche neue Gene, deren biologische Funktionen noch weitgehend unklar sind. „Auf lange Sicht kann uns das helfen, Therapien für diese tödlichen Krebsarten zu finden“, setzt Professor Martin Schuler, Direktor der Inneren Klinik (Tumorforschung) am Universitätsklinikum Essen und Sprecher des DKTK-Partnerstandortes Essen/Düsseldorf, die Ergebnisse in den therapeutischen Kontext.
„Unsere nächsten Schritte zum Verständnis der biologischen Rolle der genetischen Muster sind weitere Untersuchungen, um die Funktion auch der bisher weniger bekannten Gene in der Krebsentwicklung zu verstehen. Wir wollen schnell eine individuelle Behandlung für die Patienten ermöglichen – auch im Sinne einer maßgeschneiderten Tumortherapie“, sagt Professor Roman Thomas. Erwartungen hinsichtlich baldiger Durchbrüche dämpfte er jedoch: „Wir stehen erst am Anfang und müssen noch viel grundlegende Arbeit leisten, bis wir die Funktion dieser Gene in dem Tumor wirklich verstehen.“
Julie George, Jing Shan Lim, Se Jin Jang, Yupeng Cun, Luka Ozretić, Gu Kong, Frauke Leenders, Xin Lu, Lynnette Fernández-Cuesta, Graziella Bosco, Christian Müller, Ilona Dahmen, Nadine S. Jahchan, Kwon-Sik Park, Dian Yang, Anthony N. Karnezis, Dedeepya Vaka, Angela Torres, Maia Segura Wang, Jan O. Korbel, Roopika Menon, Sung-Min Chun, Deokhoon Kim, Matt Wilkerson, Neil Hayes, David Engelmann, Brigitte Pützer, Marc Bos, Sebastian Michels, Ignacija Vlasic, Danila Seidel, Berit Pinther, Philipp Schaub, Christian Becker, Janine Altmüller, Jun Yokota, Takashi Kohno, Reika Iwakawa, Koji Tsuta, Masayuki Noguchi, Thomas Muley, Hans Hoffmann, Philipp A. Schnabel, Iver Petersen, Yuan Chen, Alex Soltermann, Verena Tischler, Chang-min Choi, Yong-Hee Kim, Pierre P. Massion, Yong Zou, Dragana Jovanovic, Milica Kontic, Gavin M. Wright, Prudence A. Russell, Benjamin Solomon, Ina Koch, Michael Lindner, Lucia A. Muscarella, Annamaria la Torre, John K. Field, Marko Jakopovic, Jelena Knezevic, Esmeralda Castaños-Vélez, Luca Roz, Ugo Pastorino, Odd-Terje Brustugun, Marius Lund-Iversen, Erik Thunnissen, Jens Köhler, Martin Schuler, Johan Botling, Martin Sandelin, Montserrat Sanchez-Cespedes, Helga B. Salvesen, Viktor Achter, Ulrich Lang, Magdalena Bogus, Peter M. Schneider, Thomas Zander, Sascha Ansén, Michael Hallek, Jürgen Wolf, Martin Vingron, Yasushi Yatabe, William D. Travis, Peter Nürnberg, Christian Reinhardt, Sven Perner, Lukas Heukamp, Reinhard Büttner, Stefan A. Haas, Elisabeth Brambilla, Martin Peifer, Julien Sage, Roman K. Thomas. 2015. Comprehensive genomic profiles of small cell lung cancer. Nature 524, 47-53. doi:10.1038/nature14664
Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) verbindet sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg als Kernzentrum langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen Universitätskliniken in Deutschland. Am Kernzentrum DKFZ und den sieben Partnerstandorten Berlin, Dresden, Essen/Düsseldorf, Frankfurt/Mainz, Freiburg, München und Tübingen arbeiten insgesamt zwanzig Einrichtungen zusammen. Vorrangiges Ziel der im DKTK kooperierenden Wissenschaftler und Ärzte ist es, die Ergebnisse der Grundlagenforschung möglichst rasch in neue Ansätze zur Prävention, Diagnostik und Behandlung von Krebserkrankungen zu übertragen. Dazu werden an allen Partnerstandorten gemeinsame Translationszentren aufgebaut. Patienten sollen für innovative Studien gemeinsam rekrutiert, Daten einheitlich erfasst und Labormethoden harmonisiert und innerhalb des Konsortiums verfügbar werden. Dafür bietet das DKTK den Partnern eine gemeinsame Infrastruktur für die Forschung. Aufgabe des DKTK ist es weiterhin, junge Mediziner und Naturwissenschaftler in der Krebsmedizin und der translationalen Krebsforschung auszubilden. Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der beteiligten Bundesländer, der Deutschen Krebshilfe und des Deutschen Krebsforschungszentrums. Es zählt zu den sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG).
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