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Wirksam und sicher – Bewertung der ersten zehn Jahre Darmspiegelung in der Krebsvorsorge

Nr. 55 | 05.11.2014 | von Koh

Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum werteten die Daten der ersten zehn Jahre der Vorsorge-Koloskopie (Darmspiegelung) aus: Ihr Fazit: Durch die etwa 4,4 Millionen Vorsorge-Koloskopien wurden circa 180.000 Darmkrebsfälle verhütet. Dem stehen 4500 Überdiagnosen gegenüber.

© dkfz.de

Deutschland war 2002 eines der ersten Länder weltweit, das die Darmspiegelung als Bestandteil des gesetzlichen Krebsvorsorgeprogramms eingeführt hat. Zehn Jahre nach dem Start dieses Programms ziehen nun Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum Bilanz: Wie viele Krebsfälle konnten durch das Screening-Programm bisher verhütet, wie viele Tumoren frühzeitig entdeckt werden? Und wie steht es um die Überdiagnosen, also denjenigen bösartigen Befunden, die zu Lebzeiten der Betroffenen gar nicht klinisch in Erscheinung getreten wären?

Die Forscher zogen für ihre Studie die Befunde der 4,4 Millionen Vorsorge-Koloskopien heran, die zwischen 2003 und 2012 durchgeführt wurden. „Das ist die bisher umfassendste Auswertung des nationalen Vorsorge-Koloskopie-Programms“, sagt Studienleiter Prof. Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum, der die Berechnungen durchgeführt hat.

Grundlage für die Berechnungen ist ein mathematisches Modell, das neben den Befunden und der Sterblichkeitsrate unter anderem auch berücksichtigt, mit welcher Häufigkeit und in welchem Zeitraum sich verschiedene Darmkrebsvorstufen zu bösartigem Krebs weiterentwickeln.

Insgesamt wurden in den ersten zehn Jahren Vorsorge-Koloskopie 180.000 Krebsvorstufen entdeckt und konnten gleich während der Untersuchung entfernt werden. Die Ärzte fanden außerdem mehr als 40.000 Fälle von Darmkrebs frühzeitig in einem Stadium, in dem zumeist noch eine Heilung möglich ist. Dem gegenüber standen nur etwa 4500 Überdiagnosen.

„Um eine Krebsvorstufe zu finden und damit einen Krebsfall zu vermeiden, müssen 28 Darmspiegelungen durchgeführt werden. Bei einer unter 121 Untersuchungen wird ein bösartiger Tumor frühzeitig erkannt. Aber nur eine von 1089 Untersuchungen führt zu einer Überdiagnose“ erläutert Dr. Michael Hoffmeister, einer Autoren der Arbeit, und ergänzt: „Bei Teilnehmern unter 75 Jahren resultieren nur 0,4 Prozent der Darmspiegelungen in einer Überdiagnose – damit schneidet die Vorsorge-Koloskopie deutlich besser ab als andere Programme zur Krebs-Früherkennung. Bei der Mammographie beispielsweise führt ein deutlich höherer Prozentsatz der Untersuchungen zu einer Überdiagnose.“

Die Wahrscheinlichkeit, durch die Endoskopie einem Krebsfall vorzubeugen, ist am höchsten, wenn die Untersuchung um das 60. Lebensjahr vorgenommen wird. Mit steigendem Alter der Screening-Teilnehmer steigt auch die Rate der Überdiagnosen.

Hermann Brenners Fazit ist eindeutig: „Die Darmspiegelung wird auf lange Sicht nicht nur die Darmkrebs-Sterblichkeit senken. Das endoskopische Screening ist echte Prävention. Im Gegensatz zu anderen Screening-Programmen wird zusätzlich auch das Auftreten neuer Krebsfälle deutlich zurückgehen.“

Hermann Brenner, Lutz Altenhofen, Christian Stock, Michael Hoffmeister: Prevention, Early Detection, and Overdiagnosis of Colorectal Cancer Within 10 Years of Screening Colonoscopy in Germany. Clinical Gastroenterology and Hepatology 2014, DOI: 10.1016/j.cgh.2014.08.036

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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