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Der Weg zum individuellen Tumorimpfstoff

Nr. 26 | 17.05.2010 | von (Koh)

Gegen welche typischen Merkmale der Krebszellen richtet sich die körpereigene Immunabwehr? Mit einem neuen biochemischen Verfahren können Wissenschaftler der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums diese Frage nun für den einzelnen Tumorpatienten klären. Die Methode soll dabei helfen, neue Zielstrukturen für individuelle Tumorimpfungen zu identifizieren.
Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Heidelberg

Rasterelektronische Aufnahme von Immunzellen
© dkfz.de

Wissenschaftler entwickeln immer ausgefeiltere Methoden, um das körpereigene Abwehrsystem beim Kampf gegen den Krebs zu unterstützen. Doch Patienten, die an der gleichen Krebsart leiden, haben unterschiedliche Repertoires an Abwehrzellen. Daher setzen Ärzte bei Immuntherapien auf personalisierte Ansätze: Dem Patienten werden Abwehrzellen entnommen und in der Kulturschale mit ihren jeweils „passenden“ als Antigen bezeichneten Tumorproteinen gegen den Krebs aktiviert. Anschließend werden die aktivierten Zellen dem Patienten wieder gespritzt, um den Kampf gegen Tumorzellen effektiver aufnehmen zu können.

Dazu müssen die Ärzte erst einmal wissen, gegen welche Proteinmerkmale des Tumors die Abwehrzellen des einzelnen Patienten gerichtet sind. Um das herauszufinden, erprobten die Arbeitsgruppen von Christel Herold-Mende aus der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Prof. Andreas Unterberg) und Philipp Beckhove aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum eine neue Methode. Durch die Kombination zweier chromatographischer Verfahren trennten die Forscher zunächst das gesamte Proteingemisch aus einer Gewebeprobe des Tumors in Einzelkomponenten auf. Anschließend wurden die einzelnen Proteinkomponenten in der Kulturschale daraufhin untersucht, ob sie aus dem Blut gewonnene Abwehrzellen des Patienten aktivieren können.

Mit dem neuen Verfahren identifizierten die Heidelberger Wissenschaftler in einem bösartigen Hirntumor mehrere Proteine, die bisher noch nicht als Tumorantigene bekannt waren, als mögliche Ziele einer Immunantwort gegen den Krebs. Vier von zehn weiteren untersuchten Astrozytom-Patienten hatten ebenfalls Immunzellen gegen die neu entdeckten Tumorantigene. Das signalisierte den Wissenschaftlern die klinische Relevanz ihres Ergebnisses.

Überraschend für die Forscher war, dass zwei der neu entdeckten Antigene nicht nur von den Hirntumorzellen selbst gebildet werden, sondern auch vom so genannten Tumor-Stroma. So bezeichnen Ärzte das Gewebe, das den Tumor umgibt und das mit den Krebszellen in enger Wechselwirkung steht. „Wir wissen heute, dass der Krebs in den Stromazellen die Bildung bestimmter Proteine auslösen kann“, erklärt Phillip Beckhove. „Der Tumor ist von seiner Umgebung abhängig. Treffen wir das Stroma, geht auch der Krebs zugrunde – ein ganz neuer Ansatz in der Krebstherapie.“

Christel Herold-Mende sieht zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für das neue Protein-Trennverfahren. Es ist schneller und kostengünstiger als bereits verfügbare Methoden und isoliert im selben Testdurchgang auch die Antigene des Tumor-Stromas. Wichtig für den klinischen Einsatz ist auch, dass es Tumorantigene für die verschiedenen Klassen von Immunzellen zutage fördert.

Ein Bild zur Pressemitteilung steht im Internet zur Verfügung unter:
http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2010/images/immunzellen.jpg

Bildunterschrift: Rasterelektronische Aufnahme von Immunzellen
Bildquelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

Philipp Beckhove, Rolf Warta, Britt Lemke, Diana Stoycheva, Frank Momburg, Martina Schnölzer, Uwe Warnken, Hubertus Schmitz-Winnenthal, Rezvan Ahmadi, Mariana Bucur, Simone Jünger, Thomas Schueler, Volker Lennerz, Thomas Woelfel, Andreas Unterberg und Christel Herold-Mende: Rapid T-cell based identification of tissue antigens by automated two-dimensional protein fractionation. Journal of Clinical Investigatios 2010, DOI:10.1172/JCI37646

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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