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Molekulare Ausweispflicht - wie Zellen dem Identitätsverlust vorbeugen

Nr. 58 | 04.09.2007 | von (MJR/Koh)

Um zwischen gesund und krank zu unterscheiden, überprüft das Immunsystem ständig die Proteinbestandteile aller Zellen. Dazu werden Fragmente der Proteine auf spezialisierten Molekülen wie auf einem Präsentierteller an der Zelloberfläche zur Schau gestellt. Mit diesen Eiweißbruchstücken weisen sich Zellen bei den Kontrollen durch das Immunsystem aus. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum fanden heraus, wie die Zelle einen Verlust ihrer molekularen Identität verhindert.

Das Immunsystem wehrt Krankheitserreger ab und zerstört entartete körpereigene Zellen. Um krank von gesund zu unterscheiden, überprüfen Immunzellen ständig das Protein-Repertoire des gesamten Organismus. Dazu präsentiert jede einzelne Körperzelle Fragmente all ihrer Eiweiße - die sogenannten Peptide - auf der Zelloberfläche. Um von den Immunzellen wahrgenommen zu werden, müssen die Peptide auf molekularen Präsentiertellern, den MHC Klasse I-Komplexen, ausgestellt werden.

Die MHC-Komplexe werden im Zellinneren mit den Eiweißfragmenten beladen. An diesem komplizierten Vorgang ist eine Vielzahl unterschiedlicher Proteine beteiligt. Erschwerend kommt hinzu: Die Lebensdauer der molekularen Präsentierteller ist eigentlich kürzer als die benötigte Zeit zur Auswahl der passenden Eiweißfragmente. Bei der Untersuchung dieses Mechanismus entdeckte die Nachwuchsgruppe von Dr. Tobias Dick im Deutschen Krebsforschungszentrum einen Trick, der die Lebensdauer des Präsentiertellers verlängert und verhindert, dass unbeladene MHC-Komplexe an die Zelloberfläche gelangen.

Zu den Proteinen, die am Beladen der MHC-Komplexe beteiligt sind, gehören Tapasin und ERp57. Die Wissenschaftler erkannten, dass diese beiden dafür zuständig sind, den Präsentierteller für Peptide zugänglich zu halten und seine Lebensdauer zu verlängern. Dies gelingt nur, wenn beide Moleküle aneinander gebunden sind. Die Forscher zeigten, dass Tapasin ERp57 über diese ungewöhnliche Bindung quasi gefangen hält: Ungebundenes ERp57 würde sonst die Bindestelle für Peptide inaktivieren, so dass unbeladene MHC Klasse I-Komplexe an die Zelloberfläche gelangen könnten. An leeren Präsentiertellern jedoch könnte das Immunsystem weder gesunde noch kranke Zellen oder Eindringlinge als solche erkennen - sie hätten ihre Identität verloren. Ein folgenschweres Szenario, dass die Funktion der körpereigenen Abwehr gefährden würde.

Alexandra Kienast, Marc Preuss, Monique Winkler und Tobias P. Dick: Redox regulation of peptide receptivity of major histocompatibility complex class I molecules by ERp57 and tapasin. Nature Immunology Band 8 (8), Seite 864-872, 2007, DOI: 10.1038/

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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