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Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen- Deutschland muss handeln

Deutsches Krebsforschungszentrum stellt neue Studie vor

Nr. 71 | 07.12.2005 | von (MPL/JR)

Tabakrauch in Innenräumen ist keine Belästigung, sondern eine Gesundheitsgefährdung mit Todesfolgen. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Krebsforschungszentrum in seiner neuesten Publikation.

„Passivrauch enthält giftige Substanzen wie Blausäure, Ammoniak und Kohlenmonoxid, aber auch eine Vielzahl krebserregender Stoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, N- Nitrosamine, aromatische Amine, Benzol, Vinylchlorid, Arsen, Cadmium, Chrom und das radioaktive Isotop Polonium 210“, stellt die Herausgeberin der Publikation, Dr. Martina Pötschke-Langer, fest. „Für die im Passivrauch enthaltenen krebserregenden Substanzen können keine Dosis-Schwellenwerte festgestellt werden, unterhalb derer keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten wäre. Auch kleinste Belastungen können zur Entwicklung von Tumoren beitragen.“

Das Ausmaß der Tabakrauchbelastung in Deutschland ist beträchtlich: Über 170 000 Neugeborene jährlich werden bereits im Mutterleib den Schadstoffen des Tabakrauchs ausgesetzt, schätzungsweise über 8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren leben in einem Haushalt mit mindestens einem Raucher. In der erwachsenen Bevölkerung werden mehr als 35 Millionen Nichtraucher zu Hause, am Arbeitsplatz oder in ihrer Freizeit mit den Schadstoffen des Passivrauchs belastet. Allein am Arbeitsplatz sind noch immer etwa 8.5 Millionen Nichtraucher dem Passivrauch ausgesetzt.

Passivrauch reizt akut die Atemwege und kann zu Kurzatmigkeit bei körperlicher Belastung, erhöhter Infektanfälligkeit, Kopfschmerzen und Schwindel führen. Diese Symptome können bereits bei kurzzeitiger Belastung auftreten. Jedoch ist Passivrauch auch mitverantwortlich für die Entwicklung chronischer Krankheiten mit Todesfolge. So berechneten die Koautoren der Studie, die Epidemiologen Professor Dr. Ulrich Keil von der Universität Münster und Professor Dr. Heiko Becher von der Universität Heidelberg erstmals die jährlichen Passivrauchopfer für Deutschland: „Durch Passivrauchen versterben jährlich schätzungsweise 2140 Nichtraucher an einer koronarer Herzkrankheit, 770 Nichtraucher an Schlaganfall, 50 Nichtraucher an chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen und 260 Nichtraucher an Lungenkrebs. Etwa 60 Säuglinge versterben jährlich durch Passivrauch im Haushalt sowie durch vorgeburtliche Schadstoffbelastungen, weil die Mutter während der Schwangerschaft rauchte“, erklären Ulrich Keil und Heiko Becher. Beide Epidemiologen betonen:
„An den Folgen des Passivrauchens versterben in Deutschland derzeit jährlich vermutlich mehr als 3300 Nichtraucher, das sind mehr Todesfälle als gegenwärtig pro Jahr in Deutschland durch illegale Drogen, Asbest, BSE und SARS zusammen“.
Auch ist Passivrauchen mitverantwortlich für die Entwicklung zahlreicher nicht tödlicher Fälle von koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall und chronisch- obstruktiven Lungenerkrankungen.

Dr. Martina Pötschke-Langer hält die gegenwärtige Situation der Tabakrauchbelastung von Nichtrauchern in Deutschland für inakzeptabel. Angesichts der geschätzten über 3300 Todesopfer jährlich und ungezählten Kranken aufgrund des Passivrauchens ist es dringend geboten, ein Bundesgesetz zum umfassenden Nichtraucherschutz in öffentlichen Räumen zu erlassen, das auch die Gastronomie erfasst. Auch eine Informationskampagne zu den Gefahren des Passivrauchens könnte dazu beitragen, die Zahl der Passivrauchopfer in Deutschland zu verringern. Deutschland muss handeln!

Die Publikation „Passivrauchen- ein unterschätztes Gesundheitsrisiko“ wurde erstellt von Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums, Heidelberg, des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster und des Hygiene-Instituts des Universitätsklinikums Heidelberg. Sie ist als PDF-Datei erhältlich unter www.tabakkontrolle.de sowie in gedruckter Form über:

Deutsches Krebsforschungszentrum
WHO Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle -
Fax: 06221 – 42 30 20
oder per e-mail: who-cc@dkfz.de

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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